Nur Bekämpfung der Fluchtursachen löst „Migrations-Problem“
Politiker jeglicher Couleur überschlagen sich mit Wortmeldungen zur Migration. „Die Vorschläge sind kaum sachdienlich“, kommentiert die ÖDP-Bundesvorsitzende die Debattenbeiträge. Charlotte Schmid: „Alle Mitglieder der Bundestagsfraktionen drücken sich um Antworten. Nur wer Fluchtursachen verhindert, löst das Problem.“
Das macht aktuell nur die ÖDP. Ihr stellvertretender Bundesvorsitzender Helmut Scheel: „Die Kriege sind ein Hauptgrund für Vertreibungen. Gewalt jagt die Menschen aus ihrer Heimat und lässt sie bei uns um Schutz ersuchen. Erst wenn es uns gelingt, Auseinandersetzungen zu befrieden, sind wir in Sachen Migration auf einem guten Weg.“
Aktuell scheidet das Thema die Geister: Migration ist das Reizwort, das viele Menschen in Deutschland zugleich bewegt und spaltet. Die Positionen differieren zwischen Willkommenskultur und Abschottung. Anders als die CDU-Opposition im Bundestag jedoch, die Gespräche mit den Ampelkoalitionären über Migration erst erpresst, dann abbricht, debattiert die ÖDP mit Mitgliedern und Interessierten einen Abend lang offen und sachlich über den richtigen Weg zur Aufnahme zugereister Menschen und deren Einbindung in die Gesellschaft. „Dabei ist Differenzierung wichtig“, sagt der stellvertretende ÖDP-Bundesvorsitzende Helmut Scheel: „In der aktuellen, öffentlichen Debatte werden zu viele Fakten vermengt. Das führt zu populistischen Holzschnittthesen. Die gaukeln Lösungen vor, die keine sind. Da will die ÖDP einen Kontrapunkt setzen.“
Grundlage des Online-Events der Naturschutzpartei war ein Positionspapier, das auf dem anstehenden Bundesparteitag im Herbst beschlossen werden soll. Nach intensivem Austausch waren sich die Debattenteilnehmer einig, dass Lösungen nicht fest zementiert werden können. Sie müssen sich den Gegebenheiten anpassen. „Das Thema ist zu komplex für einfache Lösungen“, fasst Scheel zusammen: „Wir wollen dynamische Lösungen für dynamische Prozesse. Die Menschen hier sollen angstfrei leben und Migranten, die unsere gesellschaftlichen Werte respektieren, sich im neuen Zuhause integriert fühlen.“
Zahlen zur Migration offenbaren Realität
Der Blick in die amtlichen Zahlen zeigt: Die öffentliche Aufregung weicht – auch geschürt durch manch allzu forsches Politikerstatement in Debatten der Bundestagsparteien – von der Realität ab. Die Zuwandererzahlen liegen unter jenen der Migrationswelle 2015 und 2016. Im Vorjahr suchten 1,9 Millionen Menschen ihre neue Heimat in Deutschland. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum ist für 2024 bislang ein Rückgang von über 13 Prozent zu vermelden. Generell ist zwischen der gewollten Zuwanderung, die 85 Prozent ausmacht, und der hauptsächlich in der Migrationsdebatte diskutierten zu unterscheiden. Auch ein Blick jenseits unserer Grenzen lohnt zur Einschätzung der Relevanz des „Migrations-Problems“: Auf die Bevölkerung berechnet, zeigt sich: Während 2023 in Deutschland auf 10.000 Einwohner 29 Asylanträge kamen, waren es in Zypern 241 und Österreich 123.
Nicht nur die Statistiken rücken das Zerrbild der Debatte zurecht. „Das Vermengen des Themas Migration mit jenem um Sicherheit schürt Ängste“, warnt Scheel: „Deshalb sind statt populistischer Parolen ernsthafte Bemühungen um gelingende Integration aller Migranten wichtig. Wir müssen den Menschen, die zu uns kommen, gute Betreuung und Chancen auf ein Einleben in unserer Gesellschaft bieten. Das verringert die Gefahr, dass sie enttäuscht und am Ende sogar gewalttätig werden. Im Gegenzug für gute Integrationsbedingungen erwarten wir aber selbstverständlich auch die uneingeschränkte Anerkennung unserer Kultur und unseres Rechtssystems.“
Und, darauf weist Scheel auch hin: Die Stichwortgeber in der Öffentlichen Debatte verschweigen, dass Grenzkontrollen zu Mehrkosten führen. Das macht viele Produkte, die wir wollen, teurer. Polizisten müssen bezahlt werden, technischer Mehraufwand kostet. Das verschweigt, wer populistisch Forderungen nach mehr Abschottung und Ausweisungen skandiert. Scheel: „Wer ist schon bereit, durch den Mehrpreis fürs Bier an der Theke diese Maßnahmen zu berappen?“
Befriedung von Gewalt reduziert Migration
Die Ampel erweitert derweil hektisch ihr neues Maßnahmenpaket. Das Problem löst dies nicht. Grenzkontrollen und Rückführungen mindern keine Migrationsströme. Auch nicht das Abweisen der Hilfsbedürftigen an den Grenzen oder die Ausweisung immer neuer sogenannter sicherer Herkunftsländer. Allein die Befriedung von Gewalt verhindert, dass Menschen ihre Heimat verlassen. Das bestätigt auch das BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung). „Aber die Politik zieht daraus keine Konsequenzen“, bemängelt Schmid: „Was zu tun wäre, wissen Regierung und Opposition – trotzdem argumentieren sie in der Debatte mit populistischen Scheinlösungen. Das muss aufhören.“ Allein die undifferenzierte Behandlung des Themas in der öffentlichen Diskussion schürt die Spaltung der Gesellschaft – weil Zahlen aufgebauscht und Zusammenhänge verdreht werden.
Unser Land braucht Zuwanderer, sonst bricht die ohnehin kränkelnde Wirtschaft ohne Fachkräfte zusammen. Die Kultur floriert durch die Anstöße der Zuwanderer. Sie bereichern Literatur, Kunst und Musik. Wissenschaft bleibt auch mit klugen Köpfen, die zu uns kommen, weiter an der Spitze. „Vor Zuwanderung Angst zu schüren, ist daher dumm“, bringt Schmid die Haltung der ÖDP auf den Punkt.