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Expertendiskussion zur Integration von Flüchtlingen

Umsteuern statt Verunglimpfen

Arbeitspflicht statt Arbeitsverbote, Verzicht auf Massenunterkünfte, niedrigschwellige Angebote, Fluchtursachen bekämpfen: In der gut besuchten Expertendiskussion zur Flüchtlingsintegration fordert die ÖDP ein deutliches Umsteuern der Politik.

„Wir brauchen neue und durchdachte Lösungsansätze. Die Integration von Flüchtlingen ist aktuell weder auf EU- noch auf deutscher Ebene gut gelöst“, sagte Guido Klamt. Der Regionalrat ist freigestellter Betriebsrat und Spitzenkandidat der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP – die Naturschutzpartei) für das EU-Parlament. Er moderierte die Expertendiskussion mit dem Thema „Flüchtlinge integrieren – eine unmöglich lösbare Aufgabe?“

In seinem Impulsreferat wies Klamt darauf hin, dass es sich bei der Integration um einen langfristigen Prozess handelt. Das Ziel: Einbeziehung in die Gesellschaft, also gleiche Chancen auf Teilhabe im wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Bereich. Entscheidend dafür seien drei Faktoren:

  • deutsche Sprache erlernen
  • Kenntnis und Einhaltung der Gesetze
  • Integration in den Arbeitsmarkt

Bezogen auf alle Migrantinnen und Migranten, sieht es in Deutschland bei zwei dieser drei Faktoren gut aus: Neueste Zahlen des Statistischen Bundesamtes lassen auf erfreulich gute Sprachkenntnisse schließen:

  • Knapp 80 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen sprechen zuhause ausschließlich Deutsch.
  • Darunter sind 32 Prozent der 22,6 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund.
  • 5 Prozent sprechen NUR eine andere Sprache als Deutsch.

Sind Geflüchtete krimineller?

Obwohl vor allem die Gewaltbereitschaft insgesamt sichtbar zugenommen hat, lassen alle seriösen Statistiken nicht (!) den Schluss zu, dass die Kriminalität unter Migrantinnen und Migranten – einschließlich der Geflüchteten – anders ist als die der Einheimischen. „Natürlich gibt es auch unter diesen Personen schwarze Schafe“, ergänzte dazu Peter Knoll. Der ehemalige Referent für Gleichstellung und Migration der Stadt Olching hat als Wahlfach Kriminologie studiert und fordert, Gleiches mit Gleichem zu vergleichen: „Die Anzeigebereitschaft gegenüber Menschen, die anders aussehen oder sprechen, ist in Deutschland sehr viel höher.“

Daher müsse man nicht nur die „Ausländerkriminalität“, also etwa Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz, unberücksichtigt lassen, sondern ausschließlich auf Verurteilungen sehen. In der Vergangenheit sind überdurchschnittlich viele junge Männer eingereist – und diese wiederum neigen generell sehr viel stärker als Frauen oder ältere Menschen zu Gesetzesübertretungen. Wenn man dann auch noch Faktoren wie die soziale Lage berücksichtige, gebe es „keine signifikanten Unterschiede“ zur einheimischen Bevölkerung.

Hohe Arbeitslosigkeit

Deutliche Unterschiede dagegen zeigten sich bei der Integration ins Arbeitsleben. Die Arbeitslosenquote ist unter Migrantinnen und Migranten generell, ganz besonders jedoch unter Geflüchtete extrem hoch. „Besonders bei geflüchteten Frauen aus bestimmten Ländern stellen wir fest: Wir kommen einfach nicht an sie heran“, bedauerte Kurt Rieder, im Jobcenter als Führungskraft für die Integration in den Arbeitsmarkt zuständig, Mitglied im ÖDP-Bundesarbeitskreis Asyl und Integration.

„Wir haben in Olching die gegenteilige Erfahrung gemacht – nicht zuletzt mit niedrigschwelligen Angeboten wie dem kostenlosen Sprachkurs „Deutsch für Mama“, widersprach ihm – nur in diesem Punkt – der Asylhelfer Peter Knoll. Knoll ist mit einer anerkannten Asylbewerberin aus dem Iran verheiratet und hilft seit den 80er Jahren Flüchtlingen bei der Integration ins Arbeitsleben: „Entscheidend ist die persönliche Ansprache mit Hilfe zur Selbsthilfe. Natürlich gibt es große Unterschiede, je nach dem Grad der vorhandenen Bildung – ich kann jemand, der aus einem afghanischen Dorf stammt und bestenfalls vier Jahre die Volksschule besucht hat, unmöglich mit Akademikern vergleichen.“

Einig waren sich Rieder und Knoll bei ihren Forderungen, auf billigen Populismus auf Kosten der Geflüchteten zu verzichten. Kurt Rieder trocken: „Manche CSU-Politiker versuchen offenbar, die AfD rechts zu überholen.“ Auf Unverständnis stößt bei den Experten etwa die Idee des bayerischen Innenministers, wehrpflichtigen Männern aus der Ukraine alle Leistungen zu streichen: „Dafür ist Bayern doch gar nicht zuständig. Die Massenzustrom-Richtlinie, die Menschen aus der Ukraine bis mindestens 2025 vorübergehend Schutz gewährt, ist eine Entscheidung der EU.“

Eine völlige Verdrehung der Tatsachen sei die von CDU/CSU-Politikern behauptete „Einwanderung ins deutsche Sozialsystem“. Die beiden Fachleute verwiesen auf die drohende Überalterung der Gesellschaft: „Das Gegenteil ist richtig – schauen Sie sich bitte mal die Bevölkerungsentwicklung genauer an. Die sogenannte „Reproduktionsquote“ in Deutschland, also die Zahl der pro Frau geborenen Kinder, liegt seit langer Zeit bei etwa 1,5. Nötig wären aber 2,1, um die Bevölkerungszahl stabil zu halten. Die Migration ist also notwendig, um unser Sozialsystem zu stabilisieren.“

Sozialer Sprengstoff

Um die Akzeptanz der Flüchtlinge in der Bevölkerung zu erhöhen, forderte Kurt Rieder eine Gleichbehandlung aller Gruppen: „Es darf keine Bevorzugung geben, sonst entsteht sozialer Zündstoff.“ Auch die Einheimischen seien dringend auf Ressourcen wie bezahlbaren Wohnraum und eine gute Betreuung bei der Arbeitssuche angewiesen. Dabei helfe, Migrantinnen und Migranten schnellstmöglich ins deutsche Arbeitsleben zu integrieren und nicht erst jahrelang in Sprachkursen zu „parken“.

„Arbeitsverbote sind schädlich und ein Verstoß gegen die Menschenwürde“, forderten Guido Klamt, Peter Knoll und Kurt Rieder einhellig. „Wer arbeiten kann, hat auch die Pflicht, seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen – zumindest aber mit gemeinnütziger Tätigkeit zu helfen. Wir brauchen eine ernst gemeinte Arbeitspflicht statt unsinniger Arbeitsverbote.“

Zustimmung fand auch das Plädoyer von Knoll gegen Massenunterkünfte. „Es ist ein Irrglaube zu meinen, mit möglichst großen Sammellagern ließe sich irgendetwas kontrollieren. Massenunterkünfte sind schädlich, weil

  • sie sehr viel Geld kosten,
  • und massiven Widerstand in der Nachbarschaft auslösen,
  • in Massenunterkünften die erneute Traumatisierung droht,
  • besonders oft und viel Alkohol und andere Drogen zu sich genommen werden und
  • Sekten und radikale Organisationen wie Islamisten besseren Zugriff erhalten.“

Wohnraum sei in Deutschland mit 45 Quadratmeter pro Person ausreichend vorhanden und deutlich mehr als in anderen europäischen Ländern – er müsse nur besser genutzt werden.

Lösungsvorschläge

In der Diskussion machten alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer deutlich, dass die rasante Zunahme der Migration insbesondere nach 2022 erhebliche Probleme für eine gelungene Integration aufwirft – auch in Deutschland sind die Ressourcen begrenzt. Guido Klamt fasste die Flüchtlingspolitik der ÖDP zusammen:

  • Fluchtursachen bekämpfen, v. a. Klimawandel-Folgen & (Bürger-)Kriege nicht noch zusätzlich verschlimmern.
  • Rechtspopulismus durch Aufklärung bekämpfen!
  • Weniger Bürokratie („Amtssprache“ vermeiden, erleichterte Aufnahme von Arbeit, Anerkennung von Ausbildungen)
  • EU: fairere Verteilung der Lasten nach nachvollziehbaren Kriterien (Fläche, Bevölkerung)
  • Verzicht auf Massenunterkünfte, bessere Verteilung auf die Fläche
  • Statt Arbeits- und Ausbildungsverbote: ernst gemeinte Arbeits-/AusbildungsPFLICHT

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