Ein ganzheitliches Gesundheitskonzept
ausgearbeitet vom ÖDP-Bundesarbeitskreis Gesundheitspolitik
Das Gesundheits- und Pflegesystem in Deutschland steckt in einer tiefen Krise und ist dringend und grundlegend zu reformieren. Das Gesundheitswesen sollte zugleich sozial gerecht und bezahlbar sein. Ein ganzheitliches Gesundheitssystem - wie wir es verstehen - stellt den Menschen als Einheit von Körper, Geist und Seele in den Mittelpunkt. Klassische universitäre Medizin und Naturheilkunde sollten sich dabei als Partner ergänzen. Nur indem möglichst viele Einflussfaktoren berücksichtigt werden - auch Soziales, Ernährung und Umwelt - ist dieses Ziel erreichbar. Es braucht also eine ganzheitliche Sichtweise.
A) Ursachenbezogene Heilbehandlung statt nur Symptomlinderung
Der Einfluss der Pharmalobby hat dazu geführt, dass die symptomatische Linderung von Beschwerden Vorrang vor der umfassenden Beratung durch Ärzte hat. Das aktuelle System begünstigt schnelle Lösungen, anstatt die tieferen Ursachen von Gesundheitsproblemen anzugehen. Die Pharmaindustrie hat enorme finanzielle Mittel und nutzt diese, um ihre Produkte aggressiv zu vermarkten. Dies führt oft dazu, dass Medikamente bevorzugt werden, die selten wirklich nachhaltige Linderung und Heilung verschaffen.
Die aktuelle Praxis ist geprägt durch den Einfluss eines gewinnorientierten Gesundheitssystems, insbesondere von den wirtschaftlichen Interessen der Pharmaindustrie aber auch durch die Kostenfixierung der Krankenkassen. Sie ignoriert häufig die Notwendigkeit einer patientenzentrierten Versorgung. Dieses System soll reformiert werden, um eine gesundheitsorientierte, ganzheitliche Versorgung zu gewährleisten, die die wahren Ursachen und Lösungsmöglichkeiten von Gesundheitsproblemen in den Blick nimmt. Ungesunde, vitalstoffarme Ernährung und Übergewicht gehören weltweit zu den häufigsten vermeidbaren Ursachen für Krankheit und vorzeitigen Tod. (Quelle A1).
Der moderne Lebensstil beinhaltet neben der Fehlernährung oftmals auch Bewegungsmangel, Medienmissbrauch, Vereinsamung, chronischen Stress, Schlafmangel und Suchtmittelkonsum wie Alkokol, Nikotin und Aufputschmittel. Zugleich steigen die Umweltbelastungen durch Feinstaub, Lärm, Funkstrahlen, Pestizide und andere Chemikalien (Quelle A2).
Präventionsmaßnahmen, eine möglichst frühzeitige ursachenbezogene Diagnostik und eine entsprechende Heilbehandlung sind in der Lage, den Gesundheitszustand der Bevölkerung wesentlich und nachhaltig zu verbessern. Dazu gehört u.a. ein hoher Anteil an "sprechender Medizin" unter Einbeziehung von Erfahrungsmedizin, Naturheilkunde sowie Ernährungs- und Lebensstilberatung.
Auch der enormen Zunahme von psychischen Erkrankungen z.B. Depressionen muss Rechnung getragen werden. Der Ausbau der psychotherapeutischen Diagnostik, unter Einbeziehung von Labordiagnostik, und Versorgung mit Therapieangeboten und die Kostenübernahme der Therapien auch durch Heilpraktiker und Heilpraktikerinnen für Psychotherapie durch die Gesetzlichen Krankenkassen sind zu wünschen, sofern deren Befähigung durch Ausbildung in einem anerkannten psychotherapeutischen Verfahren nachgewiesen ist.
Die unbestreitbar positiven Entwicklungen in der Medizin, wie die verbesserte und weniger patientenbelastende Diagnostik, moderne technische Möglichkeiten, ausgeklügelte Operations-verfahren und die tatsächlichen wissenschaftlichen Fortschritte sind zu würdigen.
B) Daraus resultierende Forderungen an Gesetzgebung und Gesellschaft
Für eine gelingende Gesundheitsreform braucht es vor allem den selbstverantwortlichen und aufgeklärten Bürger, den mündigen Patienten also. Unterstützend wirkt hierbei eine Stärkung der Bürger- und Verbraucherrechte, z.B. durch eine Verbraucherpolitik für gesündere Lebensmittel mit einer klaren und leicht verständlichen Lebensmittelkennzeichnung. Für den Bereich einer gesunden Verpflegung in Krankenhäusern, Heimen und Kantinen, fordern wir die Einführung von engmaschig kontrollierten Mindeststandards.
Eine umfassende Aufklärungskampagne über die Vermeidung von Krankheitsursachen durch gesunden Lebensstil ist ebenso dringend nötig. Gesundheitserziehung sollte zugleich in der Kinderbetreuung, Schule und Elternhaus beginnen. Die Mütter- und Schwangerenberatung sollte auf dem aktuellsten Stand der Wissenschaft beruhen und wieder mehr gefördert werden wie auch die Betreuung durch freie Hebammen vor, während und nach der Entbindung, da eine natürliche Entbindung mit anschließendem Stillen neben anderen positiven Wirkungen wesentlich zur Gesundheit von Babys beiträgt.
Umweltbelastungen können und müssen durch Öko-Gesetzgebung, Herabsenkung der Grenzwerte und deren Kontrolle stark reduziert werden. Der Einfluss der Lobbys von Pharma- und Lebensmittelindustrie auf die Gesetzgebung ist offenzulegen und massiv einzuschränken (umfassendes Lobbyregister).
(Trink-)Wasser, Luft, Nahrung, Baustoffe, Spielzeug, Kleidung und Kosmetik usw. sollten höchsten Gesundheitsanforderungen genügen und möglichst frei von naturfremden und naturschädlichen Substanzen sein. Diese sind per Gesetzgebung zu minimieren bis hin zum Verbot. Die Forschung hierzu ist zu fördern und soll unabhängig von Profitinteressen sein und bleiben.
Eine politisch unabhängige, leicht zugängliche und beständige Verbraucheraufklärung, Werbeverbote für ungesunde Nahrung, insbesondere bei Kindernahrung und strengere Schadstoffgrenzwerte in allen Lebensbereichen, auch für Wohn- und Arbeitsbereiche, sind durchzusetzen. Überall sollte das Vorsorgeprinzip gelten (wie z.B. beim bayer. Nichtraucherschutzgesetz).
Eine zusätzliche Steuer auf nachweislich krankmachende Nahrungsbestandteile, vor allem auf raffinierte Fette, raffinierten Zucker (Quelle B1) und Zusatzstoffe ist dringend geboten. Produkte mit hohem Gehalt an natürlichen Zuckern sollten mit einem Warnzeichen gekennzeichnet werden. Die zusätzlichen Steuereinnahmen könnten zweckgebunden eingesetzt werden, z.B. für unabhängige Gesundheitsbildung . Zusätzlich sollten unverarbeitete, ökologische Lebensmittel von der Umsatzsteuer befreit werden.
Ärzte, aber auch Pflegefachkräfte sollten wieder frei und grundsätzlich selbstverantwortlich am Patienten arbeiten können. Naturheilverfahren sind – wo sachlich geboten - auch bei Pflegemaßnahmen bevorzugt anzuwenden (Wickelauflagen, pflanzliche Heilmittel, Wärmebehandlungen u.v.m.).
Dem Pflegenotstand ist nicht nur durch finanzielle Anreize zu begegnen, sondern ebenso mit mehr Zeit für einfühlsame Pflege, durch gutes Arbeitsklima, familienfreundliche Arbeitszeiten, Teilzeitangeboten (damit ein Berufswechsel gar nicht erst in Erwägung gezogen wird und Fachkräfte zurückgewonnen werden können) und eine fundierte Prävention.
C) Gerechte Verteilung der verbleibenden Krankheitskosten und Altersrisiken
Trotz aller Vorsorgebemühungen werden allein aus demografischen Gründen viele Kranke und Pflegebedürftige bleiben, die sachgerecht und menschenwürdig versorgt werden müssen.
Die hierfür anfallenden Kosten sind dabei dringend sozial gerecht zu verteilen.
Daher sind wir für:
• Abschaffung der „Zweiklassenmedizin“ durch Einbeziehung aller Einkommensgruppen (Selbständige, Angestellte oberhalb der Bemessungsgrenze, Beamte, Kapitaleinkünfte) zur Finanzierung einer allgemeinen, staatlich garantierten Kranken- und Pflegeversicherung (Bürgerversicherung), die eine Grundversorgung auf hohem Niveau abdeckt.
• Privatversicherungen nur noch als individuelle Zusatzversicherungen
• Die Zahl der Krankenversicherungen ist deutlich zu reduzieren.
• Alle Entscheidungen der Kranken- und Pflegeversicherungen sollten offengelegt werden. Den Versicherten sollten breite Kontrollmöglichkeiten eingeräumt werden.
• Förderung eines beitragsmindernden Gesundheitsverhaltens
• Transparenz bei den Abrechnungen, z.B. durch regelmäßigen Bericht der Krankenkassen über abgerechnete Leistungen
• Hausarztmodell ohne Budgetierung
• Anerkennung bewährter naturheilkundlicher Methoden. Diese sind nachhaltiger und oft kostengünstiger.
• Sicherstellung von Qualität und Verfügbarkeit von Medikamenten
• Vermeidung von Übermedikamentierung (Medikationsanalyse der Apotheken und Abstimmung mit dem Arzt)
• Vermeidung von Mehrfachuntersuchungen und verzichtbarer Operationen
• Flächendeckende wohnortnahe Grundversorgung mit Krankenhäusern (Notaufnahme, Chirurgie, Innere Medizin, Gynäkologie, Geburtshilfe), mit Rettungsdiensten (Notärzte und Sanitäter) und im ambulanten Bereich mit Hausärzten, Zahnärzten, Apothekern und Hebammen auch in ländlichen Gegenden. Dies darf nicht vorrangig eine Frage der Profitabilität sein und muss von Bund, Ländern und Kommunen entsprechend finanziert werden.
• Abschaffung oder finanzielle Anpassung der Fallpauschalen
• Finanzielle Rettung für bedrohte Krankenhäuser, besonders in ländlichen Regionen!
• Renditeverbot und Gemeinnützigkeit – Gesundheit ist ein Gemeingut und keine Ware!
• Sicherstellung der Pflege: Finanzielle Aufwertung der häuslichen (siehe Erziehungs- und Pflegegehaltmodell der ÖDP) und der ambulanten Pflege kombiniert mit vermehrten Angeboten in der Tagespflege
• Stationäre Pflege sollte die Ausnahme und nicht die Regel sein, da sie zur Erhöhung der Pflegebeiträge führt
• Schaffung günstigen Wohnraums für Pflegepersonal, vor allem in Städten mit Wohnungsnot
D) Infektions- und Seuchenprävention
• frühzeitige, sachliche Information der Bevölkerung über Ansteckungswege, Krankheitsentwicklung, Vorbeuge- und Hygienemaßnahmen
• generelle Reduzierung der Massentierhaltung als Orte der massiven Verbreitung von Krank-heitserregern und der Resistenzbildung durch den hohen Antibiotika-Einsatz.
• Die bäuerliche, biologisch-organisch wirtschaftende Landwirtschaft ist der wichtigste Faktor für gesunde Lebensmittel, für Tierwohl, für fruchtbare Böden, Wasserrückhalt in der Landschaft, Artenvielfalt und effektiven Klimaschutz. Sie wirkt Krankheiten und Seuchen entgegen.
• Forschung zu Alternativen zu Antibiotika
• Bewährte und angemessene Quarantänemaßnahmen
• Besonderen Wert legen wir auf den Aufbau und die Stärkung des natürlichen Immunsystems
• Pflege und Stärkung des Darmmilieus (Mikrobiom)
• Breite Information der Bevölkerung über abwehrstärkende vitalstoffreiche Kost und Nahrungsergänzung (z.B. Vitamin D, Zink etc.)
• Naturheilkundliche Mittel und Maßnahmen, z.B. Wasseranwendungen nach Sebastian Kneipp
Freiwillige und sichere Impfungen:
• Impfungen ausschließlich freiwillig und ausschließlich mit Stoffen, die die herkömmlichen Sicherheitsstudien durchlaufen haben und auf Langzeitauswirkungen geprüft wurden.
• Die Hersteller-Haftung ist wieder einzuführen
• Freiwillige und individuell angepasste Impfungen nur nach ausführlicher, umfassender Aufklärung sowie individueller Risiko-Nutzen-Abwägung.
• Impfungen sollten nur durch Mediziner erfolgen, da Risiken nur durch ärztliche Interventionsmöglichkeiten abgedeckt werden können.
• Unabhängige und umfassende Impfaufklärung
• Dauerhafte, pharmaunabhängige Anlaufstellen für Impfgeschädigte sind einzurichten und es ist ihnen unbürokratisch zu helfen mit Diagnostik und Behandlung ebenso wie durch eine existenzsichernde Unterstützung.
Globale Bekämpfung von Seuchen und Pandemien:
Vor allem in Entwicklungsländern und in von Hunger bedrohten Ländern wird eine ganzheitliche, weitsichtige Publik-Health-Politik (öffentliche Gesundheitsvorsorge) darauf achten, die Immunsituation der Bevölkerung nicht nur durch Impfungen sondern auch vorbeugend durch die Sicherstellung einer Versorgung mit gesunden Lebensmitteln, einer ausreichenden Säuglingsstillzeit und gesundem Trinkwasser (Quelle D2) und Beratungen zu gewährleisten. Dazu braucht es auch entsprechende Rahmenbedingungen wie z.B. faire Handelsverträge, eine nachhaltige bäuerliche Landwirtschaft, die Vorbeugung gegen Dürren und Überschwemmungen und eine gerechte Verteilung von Hilfsgütern in diesen Ländern.
Fazit
Schließlich gilt es festzuhalten: Die Lebensqualität der Menschen profitiert durch die Umsetzung eines ganzheitlichen Gesundheitskonzepts. Auch Gesellschaft und Volkswirtschaft profitieren von einer gesunden Bevölkerung. Daher lohnt es sich, auf neue ganzheitliche Weise in die Gesundheit zu investieren. Die ÖDP ist überzeugt, dass durch unser „Ganzheitliches Gesundheitskonzept" die Kosten im Gesundheitswesen sinken und die Menschen in unserem Land weniger krank sein werden.
(Quellenangaben können beim Bundesarbeitskreis für Gesundheit angefordert werden: bak.gesundheitoedp.de)
Bundesarbeitskreis Gesundheit der ÖDP - vom Bundesvorstand am 24.04.2025 verabschiedet.