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8. Wirtschaft regional und dem Gemeinwohl verpflichtet

Die Corona-Pandemie mit dem lang anhaltenden Lockdown hat viele Bereiche der Wirtschaft schwer erschüttert. Vor allem viele Selbstständige, kleine und mittlere Unternehmen sind in Not geraten. Die Bundesregierung propagiert die „Rückkehr auf den Wachstumspfad“ als vermeintliche und alternativlose Lösung. Die ÖDP setzt dem neoliberalen Wachstums- und Globalisierungsmodell die längst überfällige Regionalisierung der Wirtschaft entgegen. Gerade die Corona-Krise hat gezeigt, dass die Abhängigkeit von den globalisierten Lieferketten vermindert und die regionale Wirtschaft wieder gestärkt werden sollte. Darüber hinaus muss die Wirtschaft stärker dem Gemeinwohl verpflichtet werden. Das Bruttoinlandsprodukt darf nicht mehr alleiniger Maßstab für den Erfolg der Wirtschaft bleiben, da dieses über den tatsächlichen Wohlstand eines Volkes nichts aussagt.

Weniger Wirtschaftswachstum ist mehr Zukunft

  • Wachstumszwang stoppen: „Stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum“ (§ 1 StabG) darf kein Staatsziel mehr sein.
  • Verlängerung der Gewährleistungsfristen mit Beweislastumkehr, Reparaturfreundlichkeit sowie Verbot von geplanter Obsoleszenz.
  • Ziel ist die Kreislaufwirtschaft mit Recycling und sich selbst erneuernden Ressourcen. Mehr als dieser eine Planet auf Dauer bietet, darf nicht verbraucht bzw. gebraucht werden: Planet vor Profit!  

Ökologisch-soziale Steuerreform

  • Neben dem dringenden Ausbau der CO2-Bepreisung (siehe Klimaschutz) ist der Verbrauch natürlicher Ressourcen (auch Rohstoffe, Flächenversiegelung) durch kontinuierlich steigende Steuern zu reduzieren. Die Preise aller Produkte müssen die ökologische Wahrheit sagen. Klimawende anpacken!
  • Als Ausgleich ist der Faktor Arbeit zu entlasten: Reduzierte Sozialversicherungsbeiträge senken die Lohnnebenkosten, vermindern einen überzogenen Rationalisierungsdruck und führen zu reduzierten Preisen von Dienstleistungen und lohnintensiven Produkten.
  • Eine pauschale Pro-Kopf-Zahlung (Klimadividende, Öko-Bonus) sorgt für sozialen Ausgleich, soweit reduzierte Preise von arbeitsintensiven Produkten die höheren Preise für energie- und rohstoffintensive Produkte des Grundbedarfs nicht kompensieren können. Das heißt, die ökologisch-soziale Steuerreform wirkt der gewachsenen ungleichen Einkommensverteilung entgegen. Umverteilung von oben nach unten!

Mehr Mittelstand und Regionalisierung – Konzerne und Globalisierung begrenzen

Der Mittelstand ist einem verzerrten Wettbewerb mit ungleichen Bedingungen ausgesetzt. Globalisierte Konzerne können ihre Aufträge und Produktionsstandorte ganz legal auch dorthin vergeben, wo Umwelt- und Sozialstandards am niedrigsten sind. Das muss sich ändern:

  • Ergänzung der nationalen wie EU-weiten CO2-Bepreisung durch eine CO2-Grenzsteuer: EU-Unternehmen und insbesondere der Mittelstand brauchen durch hohe CO2-Bepreisung keine Wettbewerbsnachteile zu befürchten, wenn ein EU-Grenzausgleich durch Grenzsteuern erfolgt. Dieser Grenzausgleich erfolgt für alle Handelspartner in einem Umfang, wie sie nicht selbst adäquate Umwelt- und Klimastandards einführen. Der Mittelstand gewinnt seine Wettbewerbsfähigkeit zurück, weil bestehende Wettbewerbsnachteile gegenüber Konzernen endlich kompensiert werden.
  • Umwandlung der Welthandelsorganisation (WTO) in eine Weltorganisation für nachhaltigen Handel (WSTO).
  • Sogenannte Freihandelsabkommen kündigen bzw. Verhandlungen stoppen (z. B. CETA, TiSA, JEFTA, Mercosur) und nur noch faire Abkommen schließen: keine Paralleljustiz durch Investitionsschutzregimes, kein Unterlaufen von parlamentarischer Entscheidungshoheit durch sogenannte Living Agreements, regulatorische Kooperation. Keine Klauseln zur Verwässerung von Standards durch Handelsabkommen. Stärkung der Nachhaltigkeitskapitel durch einklagbare Umwelt- und Tierschutzstandards.
  • Einführung eines echten Lieferkettengesetzes ohne Hintertüren und Schlupflöcher mit klaren Sanktionsmöglichkeiten. Zurückweisung der gegenwärtigen Gesetzesvorhaben als Feigenblatt.
  • Einfuhrverbot von (extrem) umweltschädlich produzierten Waren wie Rindfleisch, Palmöl oder Gensoja aus ehemaligen Regenwaldflächen, ebenso von Produkten aus diesen.
  • Globalisierung der mitmenschlichen Solidarität statt Globalisierung der Großkonzerne.
  • Faire Rahmenbedingungen zum Erhalt des stationären Einzelhandels schaffen. Versandhandel ist eine sinnvolle Ergänzung, darf aber den stationären Handel nicht auf Kosten der Umwelt verdrängen.

Gemeinwohlökonomie

  • Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll nicht einziger Maßstab für wirtschaftlichen Erfolg sein, in Ergänzung dazu soll eine Gemeinwohl-Bilanz erstellt werden, die den Zweck des Wirtschaftens und die Bewertung von Unternehmenserfolg anhand gemeinwohlorientierter Werte definiert.
  • Alle öffentlichen Unternehmen und Einrichtungen sollen, als ökologisch-soziale Ergänzung zur Finanzbilanz, eine Gemeinwohl-Bilanz erstellen und damit aktiv ihren Beitrag zum Gemeinwohl darstellen.
  • Alle Kommunen erstellen eine Gemeinwohl-Bilanz und entwickeln sich zu vorbildlichen Gemeinwohl-Kommunen.
  • Für die freiwillige Erstellung einer Gemeinwohl-Bilanz von privaten Unternehmen sollen u. a. steuerliche Anreize und Maßnahmen der Wirtschaftsförderung systematisch an das Ergebnis einer Gemeinwohl-Bilanz geknüpft werden.
  • Förder- und Konjunkturmaßnahmen wie Förderdarlehen, Gründungszuschüsse, Bürgschaften, Neuansiedlung von Unternehmen, Baugenehmigungen, (digitale) Infrastrukturförderung werden in Abhängigkeit vom (positiven) Gemeinwohl-Bilanz-Ergebnis vergeben.
  • Einkauf und Auftragsvergabe sollen bundesweit unter Einbeziehung ökologischer und sozialer Kriterien erfolgen. Eine positiv auditierte Gemeinwohl-Bilanz wird als ein Kriterium bei der Vergabe herangezogen.
  • Fortbildung zu „nachhaltigem Wirtschaften“, wie beispielsweise der Gemeinwohl-Ökonomie, soll im Bildungsprogramm verankert werden.
  • Eine mindestens deutschlandweite Durchsetzung der Zielsetzung von Art. 151 (1) der Bayerischen Verfassung: „Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dient dem Gemeinwohl, insbesondere der Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins für alle und der allmählichen Erhöhung der Lebenshaltung aller Volksschichten.“
  • Einschränkung der Einflussmöglichkeiten von Wirtschaftsunternehmen auf die Politik durch Lobbyismus und Wiederherstellung der Unabhängigkeit von Politik und Parteien durch ein EU-weites Verbot von Unternehmensspenden an Parteien.

Finanzwirtschaft

  • Wiedereinführung eines strikten Trennbankensystems und Rückführung der Börsen zu ihrem eigentlichen Zweck, nämlich der Bereitstellung von Kapital für die Unternehmen: Banken mit staatlicher Lizenz zur Kreditvergabe und Geldschöpfung sind institutionell eindeutig zu trennen vom Investment Banking beziehungsweise der Vermögensverwaltung.
  • Einführung von wirksamen Vermögens- und Finanztransaktionssteuern sowie einer Digitalsteuer.
  • Privatisierungsverbot für sämtliche Bereiche der allgemeinen Daseinsvorsorge (Trinkwasser, Verkehrswege, von öffentlichen Institutionen genutzte Immobilien). Insbesondere ein komplettes und ausnahmsloses Verbot von öffentlich-privaten Partnerschaften.
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