9. Umfassende Energie- und Ressourcenwende
Unsere Wirtschaft ist stark abhängig von Energie und Ressourcen, deren Erzeugung und Nutzung massive Auswirkungen auf unsere Umwelt haben. Der Wachstumszwang hat den Bedarf an kritischen Rohstoffen stark steigen lassen. Der vermehrte Abbau und die Veredelung von Rohstoffen verschärfen globale Umweltprobleme wie die Bodendegradation oder den zunehmenden Verlust an biologischer Vielfalt weltweit. Das Ziel der ÖDP ist eine sparsame Verwendung von Energie und Ressourcen, ein vollständiger Umstieg auf erneuerbare Energien im Einklang mit Anwohner-, Arten-, Natur- und Landschaftsschutz bis 2030, das Ende des ständigen Wachstums von Konsum und Verbrauch sowie die Abkehr von der Wegwerfgesellschaft und der Aufbau einer echten Kreislaufwirtschaft.
Weniger ist mehr! Es geht nicht nur um den Ersatz fossiler und nuklearer Energien durch erneuerbare, nicht nur um eine ökologische Produktion. Durch eine bessere räumliche Verbindung von Arbeiten, Nahversorgung, Freizeit und Wohnen über kurze Wege; durch eine umfassende Mobilitätswende mit einem Vorrang für Fuß- und Radverkehr sowie öffentlichen Verkehr; durch an sich ändernde Bedürfnisse anpassbare Wohnangebote mit einem hohen Anteil gemeinschaftlich genutzter Räume; durch gemeinschaftliche Nutzung, Verleih und Tausch von Fahrzeugen, Werkzeug u. a.; durch reparaturfreundliche, langlebige und bevorzugt aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellte Produkte; durch einen intelligenten Mix verschiedener erneuerbarer Energien und durch gemeinschaftliche Energiekonzepte auf Quartierebene will die ÖDP erreichen, dass wesentlich weniger Energie als heute benötigt wird, für deren Bereitstellung weniger Ressourcen notwendig sind und weniger Flächen in Anspruch genommen werden. Wenn Energie genutzt wird, soll dies effizient erfolgen: durch Kreislaufwirtschaft, durch energetisch sanierte Gebäude, durch elektrische statt Verbrennungsantriebe, durch energieeffiziente Geräte.
Die ÖDP fordert daher auf EU-Ebene:
• Klare ambitionierte Zielvorgaben: 100 % Energieversorgung aus erneuerbaren, überwiegend europäischen Quellen bis 2030. Aufbau einer möglichst vollständigen Produktion der dazu erforderlichen Komponenten und Anlagen in der EU, von der Rohstoffgewinnung bis zur betriebsbereiten Anlage.
• Kein Greenwashing umweltzerstörender und gefährlicher Energieformen. Schluss mit irreführenden Klassifizierungen: Nur Energien, die beständig verfügbar sind oder sich durch natürliche Zyklen wie Pflanzenwachstum innerhalb kurzer Zeit regenerieren, sind als erneuerbare Energien anzusehen. Kernkraft, fossile Brennstoffe, eingeschlossen Erdgas, sowie nicht nachhaltig gewonnene Biomasse, Torf und nicht recycelbare Abfall- und Reststoffe, die aus fossilen Energieträgern hergestellt wurden, sind keine erneuerbaren Energien.
• Verbot des Energie-, Rohstoff-, Komponenten- und Anlagenimports aus Staaten mit Menschenrechtsverletzungen. Verpflichtung von Unternehmen, entlang ihrer gesamten Lieferkette Menschenrechte, Sozial- und Umweltstandards einzuhalten. Kein Rohstoffabbau in sensiblen Ökosystemen, Naturschutzgebieten oder in der Tiefsee.
• Keine Unterstützung des Neubaus, der Erweiterung oder Bestandserhaltung fossiler Energieinfrastruktur wie Flüssiggasterminals. Ende der Förderung und des Imports fossiler Ressourcen bis spätestens 2030.
• Für noch europaweit bestehende Atomkraftwerke Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung, die auch reguläre Entsorgung sowie Folgen einer möglichen Reaktorkatastrophe finanziell abdeckt.
• Beendigung des Euratom-Vertrags, unverzüglicher EU-weiter Atomausstieg und Ersatz durch einen Erneuerbare-Energien-Vertrag zur Umstellung auf eine weltweit erneuerbare Energieversorgung im Einklang mit Umwelt- und Artenschutz und unter Beachtung von Menschenrechten und Sozialstandards.
• Förderung des Umbaus der Energieversorgungsstrukturen hin zu dezentralen Einheiten, die ausschließlich erneuerbare Energien nutzen und möglichst in der Hand von Bürgerinnen und Bürgern, Landwirtinnen und Landwirten, klein- und mittelständischen Unternehmen und Kommunen sind.
• Sicherstellung der Widerstandsfähigkeit der Energieversorgung durch dezentrale Erzeugung und Speicherung: Im Falle von Naturkatastrophen, Cyberangriffen und militärischen Aktionen muss eine Grundversorgung auf der Ebene von Städten und Landkreisen ohne Energieversorgung von außen für einen Zeitraum von mehreren Wochen gewährleistet sein.
• Konsequenter Aufbau einer energie- und ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft. Verbot von Plastikmüll- und Elektronikschrott-Exporten.
• Ausweitung der Ökodesign-Richtlinie auf alle Produktgruppen.
• Anpassung des EU-Rahmens zur Besteuerung in den Mitgliedsstaaten zwecks Bevorteilung von Reparatur, Wiederverwendung, gemeinschaftlicher Nutzung, Verleih und einer Sharing Economy.
• Einführung eines europäischen Rechts auf Reparatur: Verpflichtung von Herstellern von technischen Geräten, langfristig Ersatzteile anzubieten sowie Reparaturanleitungen zu veröffentlichen. Hersteller müssen einer Rücknahmepflicht unterliegen, die Recycling sicherstellt.
• Verpflichtung der Hersteller und Anbieter von Waren und Dienstleistungen zur Deklaration des Energie- und Ressourcenverbrauchs bei der Herstellung von Produkten in einer Weise, die Konsumenten erlaubt, sich leicht und ohne Aufwand zu informieren.
• Verbot der geplanten Obsoleszenz und Einführung eines effektiven Kontrollsystems.