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ödp-Klage gegen Parteienfinanzierungsgesetz: Große Parteien unter Erklärungsdruck

Unter erheblichen Erklärungsdruck sind die großen Parteien mit dem neuen Parteienfinanzierungsgesetz gekommen. Nach der mündlichen Verhandlung am 30. Juni vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ist fraglich, ob die Verschärfung der Zuwendungsvoraussetzungen Bestand haben wird. Das Urteil wird zwar erst im Herbst gefällt, doch der stellvertretende ödp-Bundesvorsitzende Uwe Dolata zeigte sich mit dem Verhandlungsablauf äußerst zufrieden.

von Raphael Mankau

Drei-Länder-Klausel

Am 3. September 2002 hatte die ödp beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Klage gegen die Neuregelung des Parteiengesetzes eingereicht. Vertreten wurde und wird sie dabei von dem renommierten Staatsrechtler Prof. Dr. Hans Herbert von Arnim (Autor des Buches "Fetter Bauch regiert nicht gern"). Die Klage der ödp richtet sich vor allem gegen die so genannte "Drei-Länder-Klausel". So erhielten bisher alle Parteien, die in einem Bundesland über 1% der Wählerstimmen oder bundesweit 0,5% erreicht hatten, nicht nur staatliche Mittel für Wählerstimmen, sondern auch für die erwirtschafteten Spenden (ca. 38 Cent je Euro). Ab dem 1. Januar 2005 gilt die erste Alternative nur noch dann, wenn eine Partei in drei Bundesländern die 1%-Hürde überspringt. Das Achte Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes vom 28. Juni 2002 verstößt damit nach Ansicht der ödp gegen den Grundsatz der Chancengleichheit. Die Vorraussetzungen, unter denen kleinere Parteien an der staatlichen Parteienfinanzierung beteiligt werden, würden gravierend und verfassungswidrig verschärft. "Daher haben auch die Weizsäcker-Kommissionen, die Wedel-Kommission und andere Rechtsgutachter von einer Verschärfung abgeraten", so Uwe Dolata.

Verhandlung der Klage

Die großen Bundestagsparteien hätten ein Gesetz in eigener Sache gemacht, warf Hans Herbert von Arnim dem Bundestag vor. Erhard Denninger, Frankfurter Staatsrechtsprofessor und Vertreter des Bundestages, musste einräumen, dass die Begründung für das Gesetz dürftig ausgefallen sei. Das hatten auch die Richter moniert. Uwe Dolata kritisierte scharf, dass der ödp "ein Großteil ihrer bisherigen Staatszuschüsse gestrichen werden sollte, während sich die großen Parteien die Staatsmittel für sich selbst noch weiter erhöhen wollten. Auch würden die "eingesparten" Gelder nicht etwa dem Fiskus zufließen, sondern den anderen Parteien." Das ursprünglich vorgegebene Ziel, rechtsextreme Parteien von der Parteienfinanzierung ausschließen und Missbrauch eindämmen zu wollen, treffe sowohl auf die ödp als auch auf die Grauen, die beide von der Neuregelung betroffen seien, nicht zu. Dies musste auch Erhard Denninger einräumen. Uwe Dolata: "Die neue Gesetzgebung schadet der Demokratie. Der grundgesetzgemäße Auftrag zur politischen Willensbildung wird beschnitten, und das, obwohl, oder gerade weil, die ödp bedeutende Erfolge vorzuweisen hat. Wie soll die ödp weiterhin die direkte Demokratie stärken, so wie sie dies etwa durch die Abschaffung des Bayerischen Senats, die Verkleinerung des bayerischen Landtags, die Verringerung der Anzahl von Staatssekretären, die Verlängerung der Wahlperioden, die Verhinderung von weiteren Atomkraftwerk-Standorten etc. gezeigt hat?" Gerade die ödp habe in den letzten Jahren den verfassungsgemäßen Auftrag, alle Staatsgewalt sei in erster Linie durch Wahlen und Abstimmungen auszuüben, exzellent erfüllt. "Dieses perfide Spiel ist leicht durchschaubar", erklärte Dolata auch gegenüber der ARD.

Die Richterbank erinnerte daran, dass das Bundesverfassungsgericht 1992 selbst die staatlichen Zuwendungen für gesammelte Spenden und Mitgliedsbeiträge verlangt hatte, um eine finanzielle Kompensation für kleine Parteien zu erreichen. Mehrere Richter kritisierten bei der Verhandlung offen das neue Parteienfinanzierungsgesetz und sprachen gar von einer Abschottung der Parlamentsparteien gegenüber dem offenen Parteienwettbewerb.

Europawahl entlastet ödp

Mit der Europawahl, bei der die ödp ihr bundesweites Ergebnis verbessern und auch die entscheidende 0,5%-Hürde überspringen konnte, ist der Druck gewichen. Die finanzielle Basis der ödp und damit die Kampagnenfähigkeit sind für die nächsten fünf Jahre gesichert - unabhängig davon, wie die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht ausgeht. Nichtsdestotrotz will die ödp ihre Klage mit vollem Einsatz weiter betreiben und nicht hinnehmen, dass die Einführung einer "Drei-Länder-Klausel" "lediglich der Selbstbereicherung der etablierten Parteien dient und die Chancengleichheit der kleinen Parteien weiter verschlechtert"