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Soziale Gerechtigkeit

Soziale Gerechtigkeit ist die Voraussetzung für ein nachhaltiges, stabiles Sozialsystem und ein friedliches Miteinander. Lokal und global strebt die ÖDP Strukturen an, die Mann und Frau, Nord und Süd, Ost und West, Jung und Alt gerecht werden.

Wir setzen uns für eine Gesellschaft ein, in der alle Menschen respektiert werden und in Würde leben können. Eine solche Gesellschaft lässt sich nur erreichen, wenn die Interessen des Einzelnen („Ich“) und die Interessen der Gemeinschaft („Wir“), die zueinander in Spannung stehen, gleichermaßen berücksichtigt werden. Sie soll die Bürgerinnen und Bürger dazu einladen, solidarisch in Verantwortung für das Ganze zu handeln, und sie außerdem ermutigen, Eigenverantwortung zu wagen.

Gesellschaft und Staat

Das Verhältnis von Gesellschaft und Staat ist unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips zu gestalten: Übergeordnete Institutionen sollen nur dann Aufgaben und Verantwortungen übernehmen, wenn untergeordnete Zusammenschlüsse oder der Einzelne allein damit grundsätzlich überfordert ist.
Bei dieser Betonung der Eigenverantwortlichkeit des Einzelnen wie auch der lokalen Gliederungen geht dieses Prinzip für die ÖDP gleichberechtigt mit dem anderen wichtigen Leitbild einher, dem Prinzip der Solidarität. Unsere Gesellschaftsordnung ist daher so zu organisieren, dass Lebensphasen, in denen keine herkömmliche Erwerbsarbeitsleistung möglich ist, wie Kindheit, Ausbildungszeit, Kindererziehung, Krankheit und Alter, nicht zur Verarmung führen. Wir fühlen uns besonders denjenigen Menschen verpflichtet, die von der wachsenden Armut bedroht sind. Das gilt nicht nur für die Bürger in unserem Land, sondern auch für die vielen Bewohner anderer Länder, denen ein menschenwürdiges Leben verwehrt ist.

Mindestlohn

Soziale Gerechtigkeit ist durch eine leistungsgerechte Bezahlung zu erreichen. Leistungsgerechte Entlohnungen dürfen bei Vollzeitarbeit nicht unter der sozialen Existenzsicherung liegen. Für Erwerbstätige fordert die ÖDP einen flächendeckenden allgemeinen Mindestlohn, der deutlich über der sozialen Existenzsicherung liegen muss. 

Pflegegehalt

Ebenso wie die Erziehungstätigkeiten sind auch die Pflegetätigkeiten insbesondere im Familienbereich als Leistungen für das Allgemeinwohl anzuerkennen. Häusliche Pflegearbeit vermeidet eine teure und oft unerwünschte stationäre Unterbringung. Diese Tätigkeiten sind daher wie herkömmliche Erwerbsarbeit zu behandeln. 
Ähnlich dem steuer- und sozialversicherungspflichtigen Erziehungsgehalt fordert die ÖDP ein Pflegegehalt für diejenigen, die Angehörige zu Hause betreuen. Die Gewährung von Pflegegehalt ist abhängig zu machen vom Ausmaß der Pflegebedürftigkeit und vom Pflegeaufwand, nicht aber von der Art der Betreuung (häusliche Betreuung/Heimunterbringung). Die menschliche Belastung der Pflegenden muss stärker berücksichtigt werden. Zuwendung und Pflege kosten Zeit. 
Für uns als ÖDP gilt: Kindeswohl und Elternrecht, Erziehungsarbeit und Pflegearbeit bedürfen besonderer Sorgfalt. Sie sollen nicht sachfremden Interessen, auch nicht denen der Wirtschaft, untergeordnet werden. Die Wächterfunktion des Staates muss gewährleistet sein, um Missbrauch vorzubeugen.

Soziale Leistungen für Nicht-Erwerbstätige

Alle Menschen haben ein Recht auf eine Arbeit, die sozial und ökologisch verantwortbar und sinnvoll ist, aber auch eine Pflicht, den ihnen möglichen Teil zum Gemeinwohl beizutragen. Durch eine möglichst gute Bildung sollen alle Menschen in die Lage versetzt werden, eine Arbeit zu finden. Nicht-Erwerbstätige, die ihren eigenen Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können, haben einen Anspruch auf soziale Leistungen. Am Sozialstaatsgebot des Artikels 20 des Grundgesetzes darf nicht gerüttelt werden. Die gewährten sozialen Leistungen müssen die Existenz sichern und Ansporn sein für zusätzliches Engagement im beruflichen, familiären, sozialen und ehrenamtlichen Bereich.

Generationengerechtigkeit

Eine entscheidende Herausforderung des Sozialstaates ist die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland. Das Prinzip Nachhaltigkeit muss wie im ökologischen Bereich auch im Sozialsystem gelten. Das bedeutet: Keine Generation darf von der nachfolgenden mehr zurückfordern, als sie selbst für diese Generation geleistet hat.
Da es heute etwa ein Drittel weniger Kinder gibt als in der Vorgeneration, sind die Erwerbstätigen zunehmend mit der Alterssicherung im bestehenden System überfordert. Das bereitet Abwanderung und Leistungsverweigerung den Weg. Von der „Zwei-Drittel-Generation“ kann fairerweise nur erwartet werden, dass sie etwa zwei Drittel der Alterssicherung der Rentnergeneration übernimmt. Der Rest ist über andere Quellen zu finanzieren. Dazu sind die wegen des Geburtenrückgangs gesparten Kinderkosten zu verwenden. Von wem diese fehlenden Kapitalbeiträge zur Alterssicherung aufzubringen sind, hängt davon ab, in welchem Umfang sich Eltern und Nicht-Eltern vorher an den Kinderkosten finanziell beteiligen.

Behindertengerechte Gesellschaft

Den Menschen mit Behinderungen sollen gleiche Chancen und gleichberechtigte Teilhabe an der Gemeinschaft (= Inklusion) gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention zuteilwerden. Dazu sind ihnen spezielle Fördermaßnahmen zu gewähren. Es ist darauf zu achten, dass alle öffentlichen Verkehrsmittel und öffentlichen Einrichtungen barrierefrei und behindertengerecht sind.

Gesundheit

Gesundheitsfürsorge ist ein Recht der Bürgerinnen und Bürger und keine Ware. Dieses Prinzip will die ÖDP erhalten. Wir wenden uns gegen eine Vermarktung der Gesundheit und der Gesundheitsversorgung durch Gesundheitskonzerne. Die freiberuflich tätigen Ärzte und Apotheker müssen Vertrauenspersonen des Patienten bleiben und auch im ländlichen Bereich gut erreichbar sein. Die möglichst wohnortnahe Krankenhausversorgung ist vorzugsweise in der Hand kommunaler Träger sicherzustellen. Die flächendeckende medizinische Versorgung gesetzlich Versicherter und eine angemessene Bezahlung dafür sind uns ein Grundanliegen. Auch alternative Heilmethoden sollen in Forschung und Lehre berücksichtigt werden. Ärztliche Beratung (sprechende Medizin) muss wesentlich besser honoriert werden. 
Wir wollen ein sozial ausgewogenes, die Eigenverantwortung stärkendes Finanzierungssystem in der Gesundheitsversorgung. Wir fordern eine Strukturierung der Krankenkassen nach einheitlichen Kriterien, mit dem Ziel, das komplizierte und unwirtschaftliche System der Ausgleichszahlungen überflüssig zu machen. Jede Bürgerin und jeder Bürger sollen Mitglied einer Pflichtversicherung sein. Die bisherige Beitragsbemessungsgrenze soll entfallen, was zusammen mit der Berücksichtigung aller Einkommensarten zu einer erheblichen Senkung des Beitragssatzes führt. 
Die unabhängige Forschung im Gesundheitsbereich soll erweitert werden hinsichtlich der wissenschaftlichen Untersuchungen von gesundheitsschädlichen Auswirkungen (z. B. Mobilfunk, Elektrosmog). Gesundheitsschädliche Substanzen (z. B. Tabak, Alkohol) sollen steuerlich entsprechend belastet und nicht öffentlich beworben werden. Wir brauchen einen einheitlichen Nichtraucherschutz in allen Bundesländern.

Sterbebegleitung

Wir streben eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für Sterbebegleitung an. Palliativmedizin (Schmerzlinderung) und Hospizdienste sollen unterstützt und weiter ausgebaut werden. Direkte aktive Sterbehilfe lehnen wir ebenso ab wie die künstliche Verlängerung des Sterbeprozesses.

Soziale Gerechtigkeit weltweit

Die Bundesrepublik Deutschland als Teil der industrialisierten Welt trägt in besonderer Weise Mitverantwortung für die sozialen Missstände weltweit, denn der höchste Verbrauch an Ressourcen und viele der gravierendsten Umweltbelastungen für unsere Biosphäre entfallen immer noch auf die Industrieländer.
Die ÖDP setzt sich für eine faire Ausgestaltung der Weltwirtschaft ein: Erhöhung wirtschaftlicher Chancen für Entwicklungsländer durch faire Preise für ihre Erzeugnisse, Verringerung von Armut durch Entschuldung, Vergabe von Entwicklungshilfe unabhängig von exportwirtschaftlichen Sachzwängen. Die ÖDP unterstützt die Millenniumsziele der Vereinten Nationen, die Implementierung klarer Richtlinien für globalen Handel („Fair Trade“) und die Initiierung eines „Global Marshall Plans“, um die Lebensqualität aller Menschen zu sichern. 
Die historische Schuld des Kolonialismus liegt in der Ausbeutung und Zerstörung ehemals intakter Gemeinwesen, die bis heute nachwirken. In diesem historischen Kontext drängen wir auf einen Schuldenschnitt für die ärmsten Länder der Welt, damit ihre wirtschaftliche und staatliche Entwicklung Anschluss finden kann an die Entwicklung anderer Staaten. Mit einem solchen Schuldenschnitt muss die Bekämpfung von Korruption, die jede wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklung lähmt, einhergehen.
Wir wollen mittels internationaler Abkommen und unter Einbindung von UN und WTO über Sozial-, Bildungs- und Altersvorsorgestandards das Sozialstaatsprinzip weltweit voranbringen, weil dadurch auch ein wichtiger Beitrag zur Bewältigung des Bevölkerungswachstums geleistet wird.

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