Lebendige Demokratie
Die ÖDP bekennt sich klar zur Demokratie, zu Menschenwürde und Menschenrechten, zum Frieden, zur Sozialstaatlichkeit und zu den ökologischen Grundsätzen. Die ÖDP sagt Nein zu rücksichtslosem Materialismus, zu Ausbeutung von Mensch und Umwelt, zu Fremdenfeindlichkeit und nationalistischem Gedankengut.
- Bekenntnis zum freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat
Wir bekennen uns entschieden zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, wie sie das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und die Verfassungen der Länder vorgeben. Das Grundgesetz setzt auf Demokratie, auf den bestimmenden Einfluss durch Bürgerinnen und Bürger. Dies hat den Menschen in Deutschland ein Maß an Freiheit, Rechtssicherheit und Gestaltungsmöglichkeit gegeben, das nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.
Die ÖDP stellt sich jeglichen politischen Kräften entgegen, die diese freiheitlich-demokratische Grundordnung infrage stellen oder gefährden.- Unabhängige Politik bei der Mandatsausübung
Die Beeinflussung der Mandatsträger durch Lobbyvertretungen stellt eine nicht zu unterschätzende Gefahr dar. Sie führt dazu, dass die Interessen einzelner Wirtschaftszweige oder Konzerne über das Gemeinwohl gestellt werden. Dies schadet nicht nur der Demokratie, sondern letztendlich auch der Wirtschaft, weil die Aufrechterhaltung veralteter Strukturen gefördert und die Durchsetzung zukunftsweisender Innovationen verhindert wird.
Wir sind davon überzeugt, dass den Entscheidungsgremien unserer parlamentarischen Demokratie die höchstmögliche Unabhängigkeit zugesichert werden muss. Dies bedeutet Unabhängigkeit von Parlament und Abgeordneten, Aufhebung des Fraktionszwangs, strikte Trennung von politischem Mandat und wirtschaftlichen Interessen- und Lobbyvertretungen, keine Gleichzeitigkeit von politischem Mandat und Entscheidungs- oder Aufsichtsratsmandat in Unternehmen (außer bei kommunalen Mandatsträgern in kommunalen Eigenbetrieben).
Die ÖDP fordert ein Verbot von Parteispenden und Parteisponsoring durch Unternehmen und juristische Personen (Großorganisationen), ebenso eine Spendenbegrenzung für natürliche Personen.- Transparenz und direkte Demokratie
Möglichst alle politischen Entscheidungen sollen für die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar sein. Die ÖDP versucht, durch konsequente Weiterentwicklung von Grundgesetz und Landesverfassung hin zu direkter Demokratie auf allen Ebenen bei wesentlichen Entscheidungen die Demokratie zu stärken. Dies setzt die Transparenz staatlichen Handelns, staatlicher Entscheidungen und öffentlichen Verwaltens voraus. Eine solche Transparenz soll durch umfassende Informationspflicht behördlicher Stellen und Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger erreicht werden. Nur das umfassende demokratische Selbstbestimmungs- und Mitwirkungsrecht aller Bürgerinnen und Bürger garantiert ein demokratisches Gemeinwesen und motiviert zur aktiven Teilnahme. Die ÖDP fordert die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern bei „Kommunalen Bürgerhaushalten“. Die Möglichkeit von Volksbegehren und Volksentscheiden auf allen politischen Ebenen unter praktikablen Bedingungen zu weitgehend allen Themen ist gesetzlich zu verankern.
- Direktwahlen auf allen Ebenen einführen
Die Bürgerinnen und Bürger sind stärker an wichtigen personellen Entscheidungen in der Politik zu beteiligen. Die ÖDP fordert die Direktwahl folgender Ämter: EU-Kommissionspräsident, Bundespräsident, Landrat und Bürgermeister. Verbunden damit muss eine Neuordnung der Aufgaben- und Kompetenzverteilung erfolgen.
- Städte und Gemeinden als Basis der Demokratie
In der Kommune als politischer Basis unserer Gesellschaft können die Menschen an Entscheidungen viel umfassender und konkreter beteiligt werden. Wir setzen uns ein für die kommunale Selbstverwaltung, für eine umfassende demokratische Bürgerbeteiligung und für die Umsetzung des Konnexitätsprinzips, d. h. Bund und Länder müssen für die finanziellen Folgen ihrer Entscheidungen selbst aufkommen. Dabei müssen die Kommunen in die Lage versetzt werden, im Rahmen ihrer Selbstverwaltung alle ihre wesentlichen Aufgaben ohne Einschränkungen durchführen zu können (Subsidiaritätsprinzip).
- Wahlrecht reformieren
Die ÖDP setzt sich dafür ein, dass Jugendliche ab 14 Jahren auf Antrag ihre Interessen auch als Wähler selbst wahrnehmen können. Auf diese Weise wollen wir bewirken, dass sie möglichst früh mit wesentlichen politischen Vorgängen wie Wahlen vertraut werden und ihre Anliegen verstärkt Gehör finden.
Die ÖDP fordert die Beendigung der undemokratischen politischen Benachteiligung kleiner und neuer Parteien durch Abschaffung der Sperrklausel – wie bereits erfolgreich bei Europa- und Kommunalwahlen praktiziert – auf allen Ebenen. Die derzeit geltende 5 %-Klausel im Wahlrecht in Bund und Ländern führt dazu, dass ein Scheitern an der 5 %-Hürde die dieser Partei zustehenden Mandate den anderen Parteien einfach zuschlägt. Solange die 5 %-Klausel noch besteht, fordern wir die Einführung des Alternativwahlsystems. Beim Alternativwahlsystem legt der Wähler durch Nummerierung der Parteien auf dem Stimmzettel fest, in welcher Reihenfolge seine Stimme weitergegeben werden soll, falls die vom ihm bevorzugte Partei an der 5 %-Hürde scheitert.
- Politische Kultur
Die Bürgerinnen und Bürger sind aufgerufen, sich stärker in den politischen Parteien zu engagieren, um gesellschaftliche Veränderungen im Rahmen der parlamentarischen Demokratie zu fördern. Wir wollen die politische Kultur in Deutschland attraktiver gestalten und verbessern. Wir wollen sachorientierten Umgang in Parlament und Medien, ehrlichen Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern und innerparteiliche Beteiligung der Mitglieder.
- Keine Privatisierung hoheitlicher Aufgaben
Wir lehnen jegliche Privatisierung hoheitlicher Staatsaufgaben (z. B. Behörden, Sicherheitsorgane, Verfassen von Gesetzesentwürfen, Gerichte) und wesentlicher Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge (z. B. Wasserversorgung) ab, weil die Ausführung hoheitlicher Aufgaben durch Privatfirmen Demokratie, Rechtsstaat und die freiheitlich-demokratische Grundordnung verletzten würde.
- Für Innere Sicherheit sorgen
Die ÖDP tritt für umfassende Maßnahmen zur Prävention und Ursachenbekämpfung von Straftaten ein, ohne die direkte Verbrechensbekämpfung zu vernachlässigen. Politischer Extremismus aller Art muss bekämpft werden. Wir wollen weiterhin einen Verzicht auf rohe Gewaltdarstellung in den Medien, auch im Internet.
- Internet und Persönlichkeitsschutz
Das Internet wird von der ÖDP als Möglichkeit zur freien Meinungsäußerung befürwortet und soll vor staatlicher Zensur geschützt werden. Ohne Frage sollen jedoch sämtliche Rechtssätze und Spielregeln, die unser tägliches Leben ordnen, auch im virtuellen Umgang miteinander Geltung haben. Überall dort, wo Regelungen nicht ohne Weiteres auf das Internet angewandt werden können, brauchen wir ein einheitliches Internetrecht, durch das die bereits geltenden Rechtssätze ohne Zweifel auf das Internet übertragen werden. Was im richtigen Leben gilt, gilt auch im virtuellen Raum. Die ÖDP befürwortet einen angemessenen Schutz von Urheberrechten im Internet unter Berücksichtigung des Verbraucherschutzes. Geistiges und materielles Eigentum sind gleichzusetzen.
Der Umgang mit persönlichen Daten muss gesetzlich geregelt und mit Umsicht restriktiv gehandhabt werden. Diese Restriktivität muss bei staatlichen Institutionen wie auch bei Behörden oder der Privatwirtschaft Anwendung finden. Ausnahmen sind nur in sehr engen Grenzen zuzulassen. Betroffene sind in angemessener Zeit von Erhebung und Verwendung ihrer persönlichen Daten zu unterrichten.- Medien
Die Meinungsfreiheit ist für die ÖDP ein hohes Gut. Um Einseitigkeit und Manipulation zu verhindern, muss die Pluralität in der Medienwelt gewahrt bleiben, indem auf kartellrechtlicher Grundlage branchenspezifische Regelungen geschaffen werden, um allzu großen Medienkonzentrationen vorbeugend begegnen zu können.
- Kunst, Kultur und Sport
Wir wollen das reiche kulturelle Erbe unseres Landes bewahren, das geprägt ist durch die Vielfalt seiner Bundesländer und Regionen. Wir bekennen uns zur Freiheit der Kunst und zur Förderung von Kultur und Sport als wichtige Investition in unsere Gesellschaft auch in finanziell schwierigen Zeiten. Wir schätzen das ehrenamtliche Engagement der Menschen.
- Demokratie und Integration
Die ÖDP stellt sich der Tatsache, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Wir fordern für Deutschland:
- eine weltoffene Gesellschaft, in der die neuen Mitbürgerinnen und Mitbürger eingebunden werden in die demokratischen Prozesse unseres Landes.
- eine Gesellschaft, in der ihr Beitrag gewürdigt wird.
- eine Gesellschaft, in der die Menschen alle notwendige Unterstützung erhalten, um sich in die Gemeinschaft und in ihr Wertesystem integrieren zu können.
Die ÖDP steht für gegenseitigen Respekt. Die Gewährung von Asyl ist ein unverzichtbarer Akt der Menschlichkeit. Flüchtlinge und Asylsuchende sind gemäß der Regelungen der Genfer Flüchtlingskonvention aufzunehmen. Die rechtlichen Möglichkeiten, sich im Inland mit eigener Arbeit ernähren zu können, sind auszubauen. Der Familiennachzug für Flüchtlinge ist als Bestandteil der Integration zu ermöglichen.
- Europa
Nach vielen Kriegen zwischen den Völkern Europas ist die Europäische Union im Aufbruch zur Sicherung von Frieden, Freiheit und Demokratie. Die kulturellen, sprachlichen und wirtschaftlichen Eigenarten der einzelnen Regionen der Europäischen Union sollen respektiert und gefördert werden können. Die ÖDP befürwortet und unterstützt die Entwicklung der Europäischen Union von einer bloßen Wirtschaftsgemeinschaft hin zu einem Staatenverbund freier, sich vorrangig selbst regierender Völker unter der Voraussetzung, dass stets eine vom Volk ausgehende Legitimation und Einflussnahme auch innerhalb dieses Staatenverbunds gesichert bleiben.
- EU-Verfassung und -Verträge
Dem bisherigen Entwurf einer europäischen Verfassung und dem daraus abgeleiteten Reformvertrag von Lissabon mangelt es an rechtlicher und demokratischer Basis, denn eine EU-Verfassung muss durch einen EU-weiten Volksentscheid, bei dem jede Nation über die EU-Verfassung abstimmt, legitimiert werden. Die ÖDP fordert dazu einen demokratisch legitimierten Verfassungskonvent, denn die Menschen der Europäischen Union haben eine gute, demokratisch entschiedene und zukunftsweisende Verfassung verdient.
- Europäisches Parlament
Die demokratische Legitimation der Entscheidungsmacht des Europaparlaments ist zu stärken durch die gleiche Gewichtung der Stimmen aller EU-Bürger. Das EU-Parlament muss in allen Sachgebieten die Entscheidungen treffen, die einem Parlament in einem demokratischen Land zustehen. Der Ministerrat soll nur die Kompetenzen einer zweiten Kammer bekommen. Die Kommission soll als „Regierung“ vom EU-Parlament gewählt werden und nur die Aufgaben einer Regierung erhalten.
Wir von der ÖDP wollen die Bildung transnationaler europäischer Parteien, Listen oder Wählergemeinschaften als europäische Wählervertretungen im EU-Parlament fördern.
- Deutschland in der „einen Welt“
Die ÖDP tritt für eine aktive und kreative Rolle der Bundesrepublik Deutschland in der Welt im Rahmen der Vereinten Nationen, der Europäischen Union und der UN-Charta ein. Die Aufgabe der Friedenswahrung obliegt den in der UNO verbundenen Völkern. Deutschland wird darauf hinwirken, dass die in der UNO vereinigte Völkergemeinschaft im Rahmen der UN-Charta handelt.
Deutschland hat für das friedliche Zusammenleben aller Völker einzutreten. Nur eine aktive Friedens- und Gerechtigkeitspolitik kann die Basis sein, um große Teile der Menschheit vor der Verelendung zu bewahren und eine umfassend lebensfreundliche Entwicklung in der Welt zu verwirklichen. Die ÖDP ist für friedliche Bündnisse, die gemeinsamen Aufgaben dienen, wie der Erhaltung der Umwelt oder der Einhaltung der Menschenrechte. Deutschland darf staatliche Souveränitätsrechte nur in dem Maße abgeben, wie dies für die Erreichung solcher Ziele erforderlich ist.
- Partnerschaftliche Ziele in der „einen Welt“
Gleichrangige Ziele von Außenpolitik und partnerschaftlicher internationaler Zusammenarbeit sollen sein:
- die friedliche Konfliktlösung, Konfliktvorbeugung und – als letztes Mittel – die Herstellung des Friedens mit einem möglichst geringen militärischen Aufwand im Rahmen der UN;
- die Wahrung der Menschenrechte und die Herbeiführung eines hohen Maßes an Wohlfahrt und Gerechtigkeit in allen Ländern der Erde;
- die weltweite und solidarische humanitäre Hilfe in Krisen- und Katastrophensituationen;
- die Erhaltung der biologischen Vielfalt und des Naturerbes der Welt;
- die schnellstmögliche Erreichung der von den Vereinten Nationen gesetzten Millenniumsziele;
- die weltweite Ächtung von Minen;
- die schrittweise Abrüstung aller Mächte in Bezug auf jedwede Waffensysteme;
- der drastische Abbau und die Begrenzung von Rüstungsexporten: Unter strikter Einhaltung der international gültigen menschenrechtlichen Standards dürfen Rüstungsexporte generell nur noch in Mitgliedsländer der EU und der NATO erfolgen.
Die NATO hat sich als Verteidigungsbündnis bewährt und stabilisierend auf Europa und Nordamerika ausgewirkt. Der Auftrag der NATO muss auf die Verteidigung innerhalb des NATO-Vertragsgebiets begrenzt bleiben; keinesfalls dürfen Kriege um Rohstoffe oder zur Sicherung von Handelswegen geführt werden. Die NATO kann nicht die UN ersetzen. EU und NATO sollen bei der Koordination von Sicherheitsfragen weiterhin eng zusammenarbeiten.