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Persönlicher Kommentar

Asyl und (Arbeits-)Migration – wir fordern nachhaltige Integration!

Aus der Ukraine flüchten derzeit tausende Menschen - jeden Tag. In den kommenden Wochen werden acht bis zehn Millionen Personen aus der Ukraine-Flüchtlinge in die EU fliehen. In den Ankunftsländern ist eine Welle der Solidarität entstanden, auch bei uns in Deutschland. Zeit, sich mit dem deutschen Einwanderungssystem zu beschäftigen.

Asyl vs. Migration

Auf diesen zwei verschiedenen Wegen können Menschen aus dem Ausland nach Deutschland kommen, um hier zu leben. Beide sind aber klar voneinander zu unterscheiden, in Bezug auf ihre Beweggründe und in Bezug auf die rechtlichen Modalitäten:

Migration

Als Migrantinnen und Migranten definiert das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung "Menschen, die auf der Suche nach besseren Lebensperspektiven aus eigenem Antrieb ihre Heimat verlassen".* Kurz: Hier geht es meist um Arbeitsmigration.

Migrantinnen und Migranten dürften grundsätzlich nur nach Deutschland einreisen und erhalten hier eine Aufenthaltserlaubnis, wenn sie hier bereits einen festen Arbeitsplatz, eine Ausbildungsstelle oder einen Studienplatz haben. Auch die Einreise zur Job-, Studien- oder Ausbildungssuche ist für einige Monate möglich, sofern die Lebenshaltungskosten nachweisbar gedeckt sind. Aufenthaltserlaubnisse sind grundsätzlich befristet und können auf Antrag von der Ausländerbehörde verlängert werden. Wer dauerhaft bleiben will, braucht eine Niederlassungserlaubnis. (Ausführlich und übersichtlich erklärt dies z.B. der Mediendienst Integration.)

Flucht und Asyl

Flüchtlinge hingegen sind Menschen, die ihr Land "aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung" verlassen.* Sie können z.B. in Deutschland einen Asylantrag auf Anerkennung als Flüchtling stellen.

Wer als Flüchtling bzw. asylberechtigte Person anerkannt ist, darf in Deutschland uneingeschränkt arbeiten. Anders sieht es für Menschen aus, die noch im Asylbewerbungsverfahren stecken oder nur eine "Duldung" haben: Sie dürften frühestens nach drei Monaten in Deutschland arbeiten, je nach Fall manche von ihnen noch später oder auch gar nicht. (Auch hier liefert der Mediendienst Integration übersichtliche Details. Das ÖDP-Konzept zum Asylrecht haben wir übrigens hier erläutert)

Der Fall Ukraine

Ukrainerinnen und Ukrainer konnten schon vor Ausbruch des Krieges visafrei in die EU einreisen und sich frei bewegen. Sie können sich nun bei Einreise bei der Ausländerbehörde registrieren lassen, wenn sie Sozialleistungen erhalten wollen, müssen dies aber nicht. Deshalb ist die genaue Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine, die nach Deutschland oder andere EU-Staaten geflohen sind, nicht genau ermittelbar.

Die EU hat wegen des Ukraine-Kriegs die sog. "Massenzustrom-Richtlinie" aktiviert. Sie gewährt allen ukrainischen Geflohenen in der EU einen automatischen Aufenthaltsstatus, den "vorübergehenden Schutz", erst mal für ein Jahr. Ukrainerinnen und Ukrainer müssen also kein eigenes Asylverfahren beantragen und durchlaufen, um hier bleiben und arbeiten zu können - auch, um die Asylämter nicht unnötig zu überlasten. Sie haben auch direkt Zugang zum Bildungs-, Gesundheits- und Sozialsystem. 

 

Wir fordern: Langfristige Integration!

Am Beispiel der ukrainischen Geflüchteten zeigt sich, was auch für andere Kriegsgeflohene z.B. aus Syrien seit Jahren gilt: Selbst wenn der Krieg in ihrem Heimatland bald aufhört, werden sie nicht einfach so in ihre kriegszerstörten Städte zurückkehren können. Wann Ukrainerinnen und Ukrainer Deutschland also in Sicherheit und mit Zukunftsperspektive wieder verlassen können, ist nicht absehbar.

Deutschland muss deshalb langfristig einen sicheren Hafen für Flüchtende bieten - nicht nur mit Unterkunft und medizinischer Versorgung, sondern auch mit einer gesamtgesellschaftlichen Willkommenskultur, mit Integrationsangeboten und Arbeit. Zurzeit gilt dies im Besonderen für Menschen aus der Ukraine, aber im Gesamten natürlich für alle Menschen auf der Flucht.

Asyl und Fachkräftemangel

Aufnahme schulden wir den Flüchtlingen nicht nur aus Mitmenschlichkeit und Solidarität; es kommt auch unserer Gesellschaft zugute, wenn wir uns um eine gute Integration sowohl von Flüchtenden als auch Migranten bemühen:

Die Ukraine beispielsweise ist bekannt für ihre IT-Dienstleistungen; ukrainische IT-Fachkräfte gelten als gut ausgebildet und werden daher auf dem leergefegten deutschen IT-Arbeitsmarkt hochgefragt sein. Aber auch in anderen Branchen sieht sich Deutschland einem zunehmenden Fachkräftemangel gegenüber, nicht zuletzt im Handwerk und in der Pflege. Deutschland braucht die hochqualifizierten Fachkräfte aus dem Ausland, jetzt und in Zukunft, völlig egal, ob sie auf dem Weg "Asyl" oder "Migration" ins Land gekommen sind.

Hier kommt nun der häufig zitierte "Spurwechsel" ins Spiel: Wer den Asylstatus irgendwann verliert, muss theoretisch in sein Heimatland zurückkehren, unabhängig davon, wie integriert er oder sie ist oder welche Arbeitskraft dabei verloren geht. Der Übertritt vom Status eines Flüchtlings zu dem eines Migranten mit Aufenthaltserlaubnis und ggf. langfristiger Niederlassungserlaubnis muss also gezielt gefördert werden.

Integration – besser, schneller, unbürokratisch

Die Integration der hier lebenden Menschen muss aktiv, mit Geld, aber vor allem Motivation vorangetrieben werden. Wir brauchen mehr Sprachkurse, die einfacher zugänglich sind, und eine schnellere Anerkennung von im Ausland erworbenen Ausbildungen und Abschlüssen, damit die Menschen hier schnellstmöglich in ihren alten Berufen arbeiten können. Dies gilt für Migranten und Flüchtlinge gleichermaßen. Bürokratische Hürden müssen abgebaut, private und ehrenamtliche Initiativen zur Integration müssen honoriert und unterstützt werden.

Die Integration unterschiedlicher Kulturen und Religionen kann gelingen, wenn sie als gesamt-gesellschaftliche Aufgabe verstanden und von vielen mitgetragen wird. Migration wird vielfach als Belastung wahrgenommen, dabei ist sie das gar nicht. Migration ist eine Chance – für die migrierenden Menschen, für den deutschen Arbeitsmarkt, für die deutschen Renten-und Sozialversicherungssysteme und nicht zuletzt auch für die Völkerverständigung. Eine klassische "win-win-win-win"-Situation also.


* www.bmz.de/de/entwicklungspolitik/flucht/fachbegriffe

Autor/in:
Fenya Kirst
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