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Pressemitteilung

Raus aus den Hinterzimmern - Corona-Politik darf Parlamente nicht außen vor lassen

ÖDP fordert Stunde der Parlamente nicht der Regierungen

„Wir leben nicht in der Weimarer Republik, als der Reichspräsident mit Notverordnungen das Parlament aushebelte", ärgert sich der ÖDP-Vorsitzende Christian Rechholz. „Die Corona-Politik gehört raus aus den Hinterzimmern und Geheimkabinetten hinein in die Parlamente und damit in die Öffentlichkeit. So ist es in der Demokratie vorgesehen. Das Grundgesetz ist schließlich keine Schönwetterveranstaltung, die Verfassung gilt auch im Krisenfall", bekräftigt der Politikwissenschaftler.

Morgen, am 18.11.2020, soll das neue Infektionsschutzgesetz verabschiedet werden. Auch weil Gerichte immer lautere Kritik daran geäußert haben, dass massive Grundrechtseingriffe allein durch die Exekutive getroffen werden. Das neue Gesetz bringt teilweise Verbesserungen, aber beseitigt doch viele Probleme nicht, zumal die Aufzählung der Grundrechtseinschränkungen nicht abschließend ist. Schon vor Jahrzehnten hat das Bundesverfassungsgericht mit dem Wesentlichkeitsvorbehalt festgestellt, Entscheidungen solcher Tragweite habe der Gesetzgeber zu treffen und nicht die Regierung. „Der neue Paragraf 28a wird dem Parlamentsvorbehalt und Bestimmtheitsgrundsatz nicht gerecht – ein Skandal", findet der ÖDP-Bundesvorsitzende.

„Eine Ministerpräsidenten-Konferenz, ob mit oder ohne Kanzlerin, kennt das Grundgesetz nicht, wohl aber einen Bundestag", so Rechholz. „Und genau dorthin gehören Debatte und Entscheidung in einer Demokratie", gibt er zu bedenken. Auch der Deutsche Ethikrat warnte schon im März 2020, Entscheidungen dürften „nicht an einzelne Personen oder Institutionen delegiert", sondern müssten „von den Organen getroffen werden, die hierfür durch das Volk mandatiert sind“. Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier bezeichnet das neue Infektionsschutzgesetz gar als „Persilschein". Könnte der Bundestag dagegen die Maßnahmen debattieren und beschließen, würde das die Transparenz und Akzeptanz in der Bevölkerung steigern.

„Die Hinterzimmerpolitik und die Missachtung der Parlamente ist ein Konjunkturprogramm für Populisten und Verschwörungstheoretiker", warnt Rechholz. „Wenn wir Maßnahmen nur noch verkünden und nicht mehr transparent debattieren, dann finden diese Rattenfänger immer weiteren Zulauf." Ärgerlich findet der ÖDP-Bundesvorsitzende in diesem Zusammenhang auch, dass man sich erst Monate Zeit lasse und dann das neue Gesetz im Eilverfahren durch das Parlament peitsche. Schon in der Banken- und der Eurokrise war dieser Trend festzustellen. Das Parlament dürfe aber nicht ausgehebelt werden und Entscheidungen in einer Demokratie dürfen niemals als alternativlos dargestellt werden. „Wir müssen das Virus bekämpfen, aber wir müssen auch aufpassen, dass das Virus nicht auch unsere Demokratie befällt", so Rechholz.

Der ÖDP Bundesvorsitzende vermisst ein strategisches und konzeptionelles Vorgehen. „Stattdessen immer wieder Willkür und konzeptionsloses Handeln, das dann die Gerichte massenweise einkassieren und die Bürger nicht mehr verstehen“, betont Rechholz. So beruhe auch die Einstufung als Risikogebiet allein auf der Inzidenz-Zahl des PCR-Tests, der dafür aber nicht tauglich ist, zumal sich zudem noch die Testanzahl ständig ändert und der Ct-Wert nicht berücksichtigt wird. Dieser Ct-Wert, abgekürzt für englisch cycle threshold, ist eine theoretische Größe. Er definiert die Stelle, an der das exponentielle Wachstum einer Kurve beginnt. Auch ist die Anzahl der Tests im Gesetz nicht festgelegt und die Zahl von über fünfzig Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von 7 Tagen hängt stark von der Zahl der getesteten Personen ab.  „Es braucht endlich Wissenschaftlichkeit, repräsentative Tests, valides und evidentes Handeln und eine Kommunikation, die auf Verständnis statt auf Angst setzt", ist der ÖDP-Vorsitzende überzeugt.

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