Zur Hauptnavigation springen Zum Hauptinhalt springen

Pressemitteilung

ÖDP: Landessozialgericht München ignoriert Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts

Resch zum Elterngeld: Justiz muss Abhilfe bei Diskriminierung schaffen

„Das Elterngeld diskriminiert Eltern von mehreren Kindern.“ Diese Aussage trifft Dr. Johannes Resch, Sozialexperte der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP), anlässlich der mündlichen Verhandlung am Sozialgericht München (LSG), in der es um das Elterngeld für ein 6. Kind einer Großfamilie ging. Die betroffene Mutter erhielt bisher nur den Mindestbetrag, da sie wegen der Betreuung ihrer fünf älteren Kinder nicht erwerbstätig war.

Die Klägerin stützte sich auf mehrere für alle anderen Gerichte „bindenden“ Urteile des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), die  jede Benachteiligung verbieten, die „an der Wahrnehmung des Elternrechts anknüpft“ (BVerfGE 99, 216, 1. Leitsatz). Ihre Auffassung wurde auch vom Lehrstuhlinhaber für Sozialrecht, Prof. Thorsten Kingreen, in  einem Gutachten gestützt.

Sozialexperte Resch empört sich darüber, dass die von der Klägerin vorgebrachten Argumente Prof. Kingreens mit der Bemerkung zurückgewiesen wurden, sie hätten keinen „Anklang“ gefunden. „Die simple Tatsache, dass eine benachteiligte Minderheit (hier die kinderreichen Eltern) regelmäßig weniger „Anklang“ finden als Interessengruppen mit starker Lobby und es namentlich die Aufgabe der Justiz ist, hier Abhilfe zu schaffen, war den Richtern offensichtlich gar nicht bewusst,“ sagt Resch. So seien die Richter auch nicht in der Lage gewesen, ihre Aufgabe wahrzunehmen, die im Elterngeldgesetz wurzelnde massive Diskriminierung von Mehr-Kind-Eltern zu erkennen. 

ÖDP-Politiker Resch weiter: „Das LSG-Urteil macht in erschreckender Weise deutlich, wie sich Gerichte nicht mehr an der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG orientieren, wozu sie eigentlich gesetzlich verpflichtet sind, sondern sich kritiklos mit der Regierungspolitik gemein machen.“

Das LSG beachtete aber die früheren Urteile des BVerfG trotz deren „Bindung“ nicht und ging auch nicht auf die Argumente von Prof. Kingreen ein, sondern verwies lediglich auf einen Beschluss einer Kammer des BVerfG (1 Bv R 1853/11). Ein Kammerbeschluss wird von drei Richtern gefasst und nicht - wie ein Urteil – von acht Richtern eines Senats. Er ist nur für das jeweilige Verfahren gültig, also nicht „bindend“ für andere Verfahren. In diesem Beschluss wird behauptet, dass der Staat das Recht habe, auf die Rollenverteilung in der Familie Einfluss zu nehmen. Das LSG ignorierte, dass dieser Kammerbeschluss in klarem Widerspruch zu einem in einem Urteil des BVerfG formulierten „Leitsatz unseres Grundgesetzes“ steht, nach dem die Arbeitsaufteilung innerhalb der Familie „zur Freiheit der spezifischen Privatsphäre gehört“, „die staatlicher Einwirkung entzogen ist“ (BVerfGE 5, 55 < 81>). Eine Kammer kann aber niemals ein Urteil des BVerfG aufheben.

Zurück