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Persönlicher Kommentar

Wir sind eine „Art moderner Asteroideneinschlag“

WWF-Vorstand Christoph Heinrich mahnt zum Weltumwelttag (5. Juni): Die Menschheit sägt den Ast ab, auf dem sie selbst sitzt.

In einem Interview mit T-Online anlässlich des diesjährigen 60. Geburtstags unserer Artenschutzstiftung WWF habe ich gerade die Situation des Planeten Erde sehr drastisch beschrieben: Uns Menschen bezeichne ich darin als eine „Art modernen Asteroideneinschlag“. Denn wir sind immer rücksichtsloser darin geworden, wie wir unsere Umwelt verändern. Daran muss uns der Weltumwelttag (World Environment Day) mahnen, den wir seit 1972 in mittlerweile 150 Staaten der Erde immer am 5. Juni zelebrieren: Es sind unser menschlicher Egoismus und unsere Kurzsichtigkeit, mit denen wir die Klimakrise und das Artensterben ausgelöst haben.

Einer Naturschutzpartei, wie sich die ÖDP seit ihrem jüngsten Parteitag nennt, muss ich die Fakten kaum extra ins Gedächtnis rufen. Die Ökosysteme an Land und im Meer sind inzwischen so stark mitgenommen, dass es für viele Arten sehr eng wird. Wenn man beobachtet, wie sich die Bestände der Säugetiere, Vögel, Fische, Reptilien und Amphibien entwickeln, ist das wachsende Risiko offensichtlich: Wir haben weltweit zwei Drittel weniger Tiere als noch 1970. Bei den Insekten sind die Zahlen im gleichen Zeitraum um mehr als 75 Prozent eingebrochen – und das allein in Deutschland. Das Artensterben beschleunigt die Erderhitzung und umgekehrt. Langfristig kann die Dimension des Artensterbens das Problem der Klimakrise sogar übertreffen. Das ist dramatisch!

Natürlich gab es im Laufe der Erdgeschichte immer natürliche Artensterben. Diese aber verlaufen stets langsam und auf geringem Niveau – es ist die Grundlage der Evolution. Das bekannteste Artensterben der fünf großen Wellen war der Asteroideneinschlag vor 66 Millionen Jahren, der für die Dinosaurier der Anfang vom Ende war. Die Erde ist auch schon einmal fast vollständig vereist, was massenweise Arten ausgelöscht hat. Das heutige Massensterben jedoch hat damit nichts zu tun: Wissenschaftler schätzen, dass die Sterberate aktuell bis zu 1.000-fach höher ist als normal. Heute treiben wir Menschen diese Entwicklung an – wir sind quasi ein moderner Asteroideneinschlag.

Auf den ersten Blick mag der Vergleich hinken, weil das, was wir mit dem Planeten anstellen, viel subtiler scheint und die Folgen viel langsamer sichtbar werden. Aber die Konsequenzen sind auf lange Sicht ähnlich. Wenn innerhalb weniger Jahrzehnte die artenreichsten Ökosysteme verschwinden, geht es nicht mehr nur um das Überleben von Tier- und Pflanzenarten. Wir vergessen, dass wir auch nur Säugetiere sind. Kollabiert auch unser natürlicher Lebensraum, sieht es für uns Menschen genauso finster aus wie für alle anderen Lebewesen. Dennoch sind wir gerade dabei, die Ökosysteme, die diesen Planeten zu einem angenehmen Ort machen, in eine Wüste zu verwandeln: degradierte Ackerböden, verseuchtes Grundwasser, Mikroplastik überall, ausgetrocknete Moore, abgeholzte Wälder, zubetonierte Landstriche.

Ausgerechnet in der Klimakrise verlieren wir so unseren engsten Verbündeten. Wäre die Natur intakt, könnten Wälder, Meere und Pflanzen eine enorme Menge der menschengemachten Treibhausgase aufnehmen. In lädiertem Zustand funktioniert das nicht.

Deshalb hoffe ich, dass wir uns – auch angeregt durch Ermahnungen wie den Weltumwelttag – zur Umkehr besinnen. Ich hoffe, dass die Diskussion reifer wird. Wenn man etwa das Thema Fleischkonsum anspricht, schreien viele immer noch „Verzichtsdiktatur“, dabei geht es überhaupt nicht um Verbote. So kriegt man die Leute nicht überzeugt. Weniger Fleisch heißt auch nicht, dass wir uns schlechter ernähren – im Gegenteil. Wer weniger Fleisch isst, kann sich mehr Qualität leisten. Das schmeckt dann auch besser. Und da haben wir noch gar nicht über die gesundheitsfördernde Wirkung gesprochen.

Um diesen dringend notwendigen Wandel einzuleiten, müssen wir die Menschen besser aufklären, und sie brauchen finanzielle Anreize. Zum Beispiel sollte die Mehrwertsteuer auf pflanzliche Lebensmittel gesenkt werden und langfristig werden wir über eine Nachhaltigkeitssteuer für Lebensmittel reden müssen, die die wahren Kosten berücksichtigt. Alles andere schafft unser Planet nicht.

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