Persönlicher Kommentar
Rückzugsgefahr
Die unterschiedlichen Zuspitzungen der Flüchtlingskrise sind bedrückend: Nicht endende Bürgerkriege, zunehmende Hoffnungslosigkeit in vielen Regionen, mörderisch-zynische Schlepperkriminalität, auftretende Überforderung bei Behörden und Helferkreisen, mangelnde Solidarität innerhalb der EU, abstoßende Hetzkampagnen rechtsextremistischer Agitatoren und der fürchterliche Beifall mancher sog. „Normalmenschen“ zu dieser Hetze – all das kann mutlos machen. Der Rückzug vernünftiger Menschen aus der politischen Debatte wäre aber wohl das Schlimmste was geschehen kann. Neben der konkreten, unmittelbaren Beteiligung an der Flüchtlingshilfe müssen wir die politische Arbeit intensivieren: Im Dezember dieses Jahres besteht bei der Pariser Konferenz die vielleicht letzte Chance, die Weichen für eine positive Klimapolitik zu stellen. Die Verhandlungen über die gefährlichen Freihandelsabkommen müssen weiter kritisch begleitet werden. Die globalen Entwicklungsziele müssen zum öffentlichen Thema gemacht werden. Die Forderung nach einer internationalen Syrienkonferenz (unter Einschluss Russlands, des Irans und Saudi-Arabiens!) muss endlich zivilgesellschaftlich erhoben werden. Und viele weitere Themen müssen bearbeitet werden, obwohl die Flüchtlingskrise alle Kapazitäten zu beanspruchen scheint. Alle genannten Themen gehören übrigens zur Flüchtlingsdebatte: Wenn sie vernachlässigt werden, wird sich die weltweite Migration in einer kaum vorstellbaren Weise verschärfen.