Persönlicher Kommentar
Regionale Wirtschaft stärken - und internationalen Handel fairer machen!
Probleme und Lösungen in unserem globalen Wirtschaftssystem
Unsere Welt ist längst global zusammengewachsen. Das hat viel Positives hervorgebracht, doch gerade die globalisierte Wirtschaft bringt auch viel Negatives. Nicht nur sind lange Transportwege schädlich für Umwelt und Klima, sondern auch sehr fehleranfällig, wie z.B. der Stau im Suezkanal Anfang dieses Jahres gezeigt hat: Kaum steckt mal ein Schiff quer im Sand, schon kommt es zu Lieferschwierigkeiten. Immerhin wurden 13 % des gesamten Welthandelsvolumens 2019 durch den Suezkanal befördert (!). [1]
Außerdem ermöglicht die global so vernetzte Wirtschaft, dass Unternehmen regionalen Gesetzen, die z.B. Umwelt schützen sollen, ausweichen können: Großkonzerne verlagern ihre Produktion einfach in Regionen mit niedrigeren Umwelt- und Sozialstandards. Verheerend für Umwelt und das Klima global, aber oft auch für die Menschen vor Ort. Unser stetiges Wirtschaftswachstum wird ermöglicht durch Ausbeutung von Klima, Natur und Umwelt - und der Länder, die wirtschaftlich weniger entwickelt sind als wir.
Was muss sich also ändern? Das ÖDP-Konzept: Regionale Wirtschaft stärken - und internationalen Handel fairer machen!
Regionale Wirtschaft stärken
Durch überregionale Märkte haben wir den Bezug zu den Waren verloren, die wir kaufen, und auch zu den Menschen, die sie herstellen. Wer hat denn wirklich den Unterschied vor Augen zwischen der Produktion von fair produziertem Kakaopulver und der konventionellen Billig-Variante, und was das für die Menschen vor Ort bedeutet? Wer weiß denn wirklich, wie die Ausbeutung der Näherinnen von sog. "Fast Fashion"-Mode auf der anderen Seite des Planeten aussieht? Was unendliches Wirtschaftswachstum, das so vehement als notwendig verteidigt wird, für uns eigentlich bedeutet? [2]
Wenn Produktion und Handel unserer Konsumgüter vornehmlich regional sind, werden die Auswirkungen unserer Kaufentscheidungen auf Gesellschaft und Umwelt viel deutlicher. Vor dem, was vor unserer Haustür stattfindet, können wir die Augen nicht verschließen - wir entwickeln mehr Bewusstsein für die Probleme und so auch mehr Willen, gegen sie anzukämpfen, für Mensch und Umwelt.
Wie aber nun die regionale Wirtschaft stärken?
Ein großes Argument gegen eine regionale Wirtschaft ist häufig, sie sei im Vergleich mit internationalen Unternehmen nicht wettbewerbsfähig: Denn viele Unternehmen nutzen das globalisierte Wirtschaftssystem aus, indem sie ihre Produktionsstätten in Billiglohnländer mit niedrigen Sozial- und Umweltstandards verlagern. Natürlich können sie ihre Waren dann preisgünstiger anbieten.
Dies könnten aber z.B. höhere Energie- und Transportkosten ausgleichen: Das stärkt die regionalen Wirtschaftsbeziehungen, weil Güter mit weiten Transportwegen automatisch teurer werden. Dazu gehört auch eine CO2-Grenzsteuer: Unternehmen, die dort produzieren, wo keine Klimastandards eingehalten werden müssen, werden beim Import ihrer Güter mit einer Extra-Steuer belegt, die diesen Vorteil wieder ausgleicht. So werden regionale Unternehmen gefördert und internationale Unternehmen im Gegenzug angeregt, höhere Standards auch im Ausland einzuhalten (womit die Extra-Steuer dann niedriger ausfiele).
Aber auch andere Maßnahmen sind möglich, z.B. können Städte und Gemeinden mit ihrer Vergabepraxis (öffentliche Aufträge, Gewerbe- und Ladenflächen, …) regionale Unternehmen unterstützen.
Weltweiter Handel ja - aber fair und umweltverträglich!
Nun können wir natürlich nicht alles regional produzieren - und die Uhr lässt sich nicht zurückdrehen, die Welt ist vernetzt und das bringt auch viel Gutes mit sich. Aber: Internationaler Handel muss fair gestaltet werden - und darf keine Schlupflöcher für Unternehmen bieten, sich höheren Standards für Umwelt, Klima und Sozialverträglichkeit zu entziehen:
Sogenannte Freihandelsabkommen wie CETA, TiSA etc. müssen gekündigt bzw. Verhandlungen gestoppt und durch wirklich faire Abkommen ersetzt werden, die z.B. keine Umwelt- und Tierschutzstandards verwässern, parlamentarische Entscheidungshoheit nicht unterlaufen, keine Paralleljustiz entstehen lassen.
Außerdem brauchen wir ein Lieferkettengesetz, das Unternehmen für Ausbeutung, Menschenrechtsverletzungen, Treibhausgasemissionen und Umweltzerstörung im Herstellungsprozess ihrer Waren verantwortlich macht, egal, wo auf der Welt sie verursacht werden. Wir sind nicht nur für uns selbst verantwortlich, sondern tragen auch Verantwortung für die Folgen unseres Konsums auf der ganzen Welt. Das muss sich endlich auch in Gesetzen und, folgend, im Handeln von international agierenden Unternehmen widerspiegeln. Eigentlich bräuchten wir ein solches Gesetz natürlich EU-weit - bzw. weltweit.
Quellen:
[1] s. Berichterstattung z.B. hier: https://www.merkur.de/wirtschaft/stau-im-suezkanal-industrie-fuerchtet-lieferengpaesse-zr-90262221.html
[2] Wir empfehlen zu diesem Thema dieses Interview mit Harald Welzer.