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Persönlicher Kommentar

Protest wählen, nicht wählen - Orange wählen?! Warum Nicht-Wählen den großen Parteien mehr nutzt als schadet

Viele Menschen sind unzufrieden mit der Politik in Deutschland bzw. mit der Regierung der letzten Jahre. Das können wir nachvollziehen - haben wir doch 16 Jahre Große Koalitionen aus Union und SPD hinter uns, deren Entscheidungen wir als ÖDP eigentlich am laufenden Band kritisieren. Warum Nicht-Wählen dagegen nicht hilft und wie man am besten "Protest-wählt", erklären wir hier.
 
Am 26.09. sind Bundestagswahlen in Deutschland - die Briefwahl läuft bereits, es bleibt bis zur letzten Minute spannend. Aber welche Partei wählen, wenn man mit keinem der gängigen Parteiprogramme (CDU/CSU, SPD, Grüne, Linke, FDP, AfD) so richtig zufrieden ist?

Warum Nicht-Wählen den großen Parteien mehr nutzt als schadet 

Viele entscheiden sich dafür, gar nicht zu wählen. Aber mit Nicht-Wählen den großen Parteien und der bisherigen Politik eins auswischen? Das funktioniert leider nicht. Wer nicht wählt, unterstützt die Übermacht der großen Parteien sogar. Denn: Diejenigen, denen die Wahlprogramme von SPD, CDU und Co. nicht zusagen, würden diese Parteien ohnehin nicht wählen. Geben sie gar keine Stimme ab, fehlt ihre Stimme den anderen Parteien und schwächt diese damit. Proportional betrachtet werden die großen Parteien, die man gerade nicht wählen wollte, dann doch wieder stärker.
 
Wer nicht wählt, überlässt die Entscheidung, wer im Bundestag vier Jahre lang Gesetze erlassen darf, also anderen - im Zweifelsfall genau denjenigen, die so wählen, wie man selbst nicht gewählt hätte. Eine Stimme, die nicht abgegeben wurde, ist eine verschenkte Stimme!

 

Protest wählen…?

 
Andere, die mit der Politik unzufrieden sind, werden zu "Protestwählern". Besonders die hohen Wahlergebnisse der rechten Partei AfD wurden häufig mit Protestwählerinnen und -wählern erklärt: Menschen, die so unzufrieden waren mit der aktuellen Politik, dass sie genau die Partei wählten, über die sich die etablierten Parteien am meisten aufregen würden.
 
Aber: Ist das sinnvoll? Nein! Wer so wählt, gibt seine Stimme aus Trotz einer Partei, deren Parteiprogramm den eigenen Überzeugungen mit hoher Wahrscheinlich nicht oder nur teilweise entspricht. Einmal alle vier Jahre haben wir die Chance, Menschen / Parteien mit ähnlichen Werten und Ansichten für uns in den Bundestag zu wählen, damit sie unser Land regieren. Diese Entscheidung, wer das für uns tun soll, sollte auf keinen Fall leichtfertig einer Partei gegeben werden, nur um den anderen einen Denkzettel zu verpassen.

 

Wen soll ich wählen? Inhalte zählen! 

Wir vertreten die Ansicht: Alle sollten die Personen und Parteien wählen, die ihre Werte und Ansichten am besten vertreten. Das entspricht auch dem Grundgedanken der Demokratie. Wer wirklich Protest wählen will, wählt genau so - vielleicht auch eine "Kleinstpartei", "die es eh nicht in den Bundestag schaffen wird". Vielleicht sogar die ÖDP - wenn das Wahlprogramm passt…?
 
Über kleine Parteien, die 5%-Hürde und warum sich das Kreuzchen bei diesen Parteien trotzdem lohnt, haben wir übrigens hier ein paar Punkte zusammengefasst.

 

Was wählen mit Erst- und Zweitstimme?

Verwirrenderweise ist die Zweitstimme die wichtigere: Die Zweitstimme entscheidet über die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag. Erhält eine Partei z.B. 20 % aller abgegebenen Zweitstimmen, stehen ihr 20 % aller Sitze im Bundestag zu. Mit ihr wählt man eine Liste an Kandidatinnen und Kandidaten aus dieser Partei aus dem eigenen Bundesland, die die Partei selbst zuvor in einem demokratischen Prozess aufgestellt hat. 
 
Mit der Erststimme wählt man einen Direktkandidaten oder eine Direktkandidatin aus dem eigenen Wahlkreis, der oder die ihre Region im Bundestag vertreten wird. Diese Person kann einer Partei angehören, aber auch parteilos sein. Es gibt derzeit 299 Wahlkreise in Deutschland. Die Person, die in ihrem Wahlkreis die meisten Erststimmen gewinnen konnte, erhält den Platz im Bundestag - den kann ihr niemand nehmen, egal ob ihre Partei die 5%-Hürde schafft oder nicht. Mit den Erststimmen werden also die Hälfte der 598 vorgesehenen Plätze im Bundestag besetzt. Der Rest wird dann nach den Mehrheitsverhältnissen der Zweitstimmen mit den Landeslisten "aufgefüllt".

 

Wen also wählen?

Wir empfehlen: Lest euch Wahlprogramme in Ruhe durch, sprecht vielleicht mit den Direktkandidatinnen und -kandidaten in eurem Wahlkreis, klickt euch durch den Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für Politische Bildung. Und dann wählt so, wie es euer Gewissen euch sagt. Ohne taktische Abwägungen à la "die kommen eh nicht über 5%", ohne Verbitterung, ohne Denkzettel.
 
 

Autor/in:
Fenya Kirst
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