Persönlicher Kommentar
Pfeifkonzert gegen ökologische Vernunft
Vor rund 35 Jahren, als in Deutschland die politische Ökologiebewegung in Gang kam, verliefen die Fronten ziemlich eindeutig: Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften erlebten sich endlich einmal als glückliche Partner: Gemeinsam für Wohlstand, Wachstum und Arbeitsplätze – gegen naturschwärmerische Illusionisten, Romantiker und Fortschrittsfeinde! In den Jahrzehnten danach brach sich allerdings auch in Teilen der Gewerkschaften die Erkenntnis Bahn, dass es mancherorts Konflikte zwischen Arbeitsplätzen und Lebensplätzen gab und dass man auf letztere nicht leicht verzichten kann. Gewerkschaften und Umweltbewegung schienen sich mehr und mehr aufeinander zuzubewegen.
Am vergangenen Samstag war alles wieder so wie vor 35 Jahren: Die Gewerkschaften demonstrierten vor dem Kanzleramt für die Braunkohle-Arbeitsplätze und forderten von Minister Gabriel per Pfeifkonzert den Verzicht auf das von diesem geplante Trippelschrittchen in die richtige Richtung. Andernorts demonstrierte die Umweltbewegung für das Ende der landschaftsfressenden und klimazerstörenden Kohleverstromung. 35 Jahre (das ist eine ganze Generation!) waren also für die Katz. Verläuft die ökologische Aufklärung derzeit im Rückwärtsgang? Auch ein Gewerkschaftsfunktionär sollte am Anfang des 21. Jahrhunderts wissen, dass ganz bestimmte Arbeitsplätze nicht mehr verantwortbar sind. Wem es gelingt, die Arbeitsplätze in der Kohleverstromung zu retten, der zerstört mit dem Klima die Basis von Wohlstand, Wirtschaft und Arbeitsplätzen. Was sollte man nicht absägen? Genau: Den Ast auf dem wir alle sitzen.