Persönlicher Kommentar
Natur hat Schutz des Grundgesetzes verdient!
Soll der Schutz der Natur im Grundgesetz verankert werden? Dieses Ziel beschäftigt Umweltschützer schon länger. Vordergründig geht es um ein Eigenrecht der Natur, das sie – endlich – besser vor uns Menschen schützt. Dahinter steckt mehr: neues Denken, das den Menschen nicht länger über die Natur stellt.
Als der US-Juraprofessor Christopher D. Stone 1972 an der University of Southern California seine Schrift mit dem Titel Should Trees have Standing? publiziert (Titel der deutschen Ausgabe: Haben Bäume Rechte?), ahnt er allenfalls, dass seine darin beschriebenen Ideen über 50 Jahre später in Deutschland zur Gründung eines Vereins mit einiger Tragweite führen. Diesen Verein für Rechte der Natur e.V. riefen Mitte Mai 2023 Aktive aus ganz Deutschland ins Leben. Mit dabei: auch Mitglieder der ÖDP. Alle Vereinsgründer wollen – endlich – der Natur eigenständige Rechte zuerkennen und diese sogar im Grundgesetz unserer Republik verankern.
Klingt absurd? Mitnichten!
Weltweit trägt Christopher D. Stone's Ansatz inzwischen nämlich Früchte. Die beiden Niederländerinnen Laura Burgers und Jessica den Outer skizzieren in ihrem Büchlein „Das Meer klagt an“ dutzende Initiativen, die dem revolutionären Konzept in allen Winkeln des Globus zum Durchbruch verhelfen, indem sie geltende Rechtssysteme vom Kopf auf die Füße stellen: „Nicht die Ökologie muss verrechtlicht, sondern das Recht ökologisiert werden“, beschreiben die Autorinnen die Denkweise hinter diesem Vorhaben. Potenziell können wir Menschen damit sogar Umweltschutz weiter verbessern, weil dieser Systemwandel auch einen Wertewandel anregt und unser Denken korrigiert. Schließlich herrscht der Mensch, auch wenn er diesem Irrglauben Jahrtausende lang folgte, keinesfalls über die Natur. Er ist vielmehr mit ihr verwoben. Er braucht die Natur. Daher ist der neue Ansatz der korrektere: „Die Forderung nach Rechten der Natur/Biokratie beruht auf einem ethischen Leitbild, mit dem der Mensch die Natur als Partner ernst nimmt“, betonen auch die Hamburger Vereinsgründer.
Natürlich gibt es dabei rechtliche Hürden zu meistern. Das ist Aufgabe kundiger Juristen und Verfassungsrechtler.
Bedeutender noch als dies formale Herangehen aber wird die Implikation sein, die eine Aufnahme des Eigenrechts der Natur in unseren Rechtskanon hat: „Unser Tierschutzgesetz schützt nicht die Tiere, sondern regelt ihre Nutzung. Unser Artenschutzgesetz unterliegt regelmäßig vor Gericht, wenn es um die wirtschaftlichen Interessen von Landwirten, Eigentümern und Investoren geht. Die Umweltschutzgesetzgebung regelt die Zerstörung der Umwelt, aber beendet sie nicht“, beschreibt der Verein Rechte der Natur den Status quo. Es ist eben doch wie in (fast) all unseren Lebensbereichen: Wir Menschen betrachten – noch immer leider mehrheitlich – alles um uns als unseren potenziellen Rohstoff, den es zwecks Vermögensmaximierung auszubeuten gilt. Die Konsequenz dieses gänzlich falsch interpretierten vermeintlich biblischen Auftrags (Macht Euch die Erde untertan) ist mehr als bitter. Solange die Natur rechtlos bleibt, ändert sich daran nichts, hatte bereit Christopher D. Stone erkannt und damit einen Auftrag an verantwortungsbewusste Menschen und die Politik abgeleitet.
Nehmen wir den an und helfen wir der Natur, dass sie endlich jene Rechtsposition erlangt, die sie wirklich schützen kann.
Denn sie hat es verdient. Als Naturschutzpartei fordert die ÖDP übrigens auch einen subjektiven Rechtsstatus für die Natur in der Charta der Europäischen Union. Mehr Infos