Persönlicher Kommentar
Leistungsträger
Die politische Sprache hat einige Lieblingsbegriffe. Nicht nur der „kleine Mann“ oder die „schwäbische Hausfrau“ werden bemüht, sondern immer wieder auch die „Leistungsträger“. Diese werden in der Regel angesprochen, wenn jemand Steuern senken möchte. Dann heißt es schnell: „Die Leistungsträger unserer Gesellschaft müssen entlastet werden.“
Ich meine, dass der Begriff des “Leistungsträgers“ in der modernen, arbeitsteiligen Gesellschaft noch weniger zu suchen hat als früher auch schon. Letztlich werden nämlich alle gebraucht; man hat das auch schon in der Antike gewusst – es gibt dazu eine Vielzahl von sehr weisen Texten. Auch der Paketbote ohne Ausbildung ist unverzichtbar, ebenso wie die Reinigungskraft oder der nobelpreisverdächtige Medizinprofessor - von dessen Assistenzteam und den vielen Pflegekräften seiner Klinik ganz zu schweigen. Besonders beleidigend ist der Leistungsträgerbegriff aber für alle jene, die aufgrund ihrer vorliegenden Bedingungen niemals „leisten“ konnten, jetzt noch nicht oder jetzt nicht mehr „leisten“ können.
Die Menschenwürde, das ist die ethische Basis unseres Staates, ist nicht an Leistung gebunden. Das Steuer- und Abgabensystem, ja das gesamte Gemeinwesen muss deshalb für alle gerecht gestaltet sein. Leistung ist unverzichtbar. Sie gibt dem, der sie erbringen kann persönliche Befriedigung und in der Regel auch soziale Anerkennung. Aber sie ist keine Begründung für besondere staatliche Fürsorge.