Page 13 - Landespolitisches Programm
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Hochschulpolitik und Forschung:
Verantwortlich forschen und lehren
Die Wissenschaft bildet als Teil der Kultur die geistige Grundlage unserer Gesellschaft. Daher spiegelt
sich unsere gegenwärtige gesellschaftliche Situation auch in der Forschungslandschaft wider. Vermehrt
werden große Teile der Ingenieur- und Naturwissenschaften darauf reduziert, möglichst rasch neue
Technologien zur Verfügung zu stellen, auch dort, wo deren Einsatz fragwürdig oder gefährlich ist.
Verkrustete Strukturen im Forschungs- und Lehrbetrieb und mangelnde Zusammenarbeit über die
Grenzen der Disziplinen hinweg führen dazu, dass wissenschaftliche Lösungsvorschläge für die
ökologische Krise nicht greifen.
Nötig sind eine Neustrukturierung der Forschungslandschaft und die ständige Begleitung aller
Wissenschaftszweige durch eine kritische und unabhängige Ethikkommission. Besonders gefordert sind
hier die Gesellschaftswissenschaften.
An den Universitäten werden die medizinischen und naturwissenschaftlichen Fächer finanziell
überdurchschnittlich gefördert, während die Kultur-, Geschichts- und Geisteswissenschaften oft
vernachlässigt werden, obwohl sie einen wichtigen Beitrag zu Lösungen gesellschaftlicher Probleme
leisten. Ähnliches gilt für die Bereiche Musik, Kunst, Theater und Film an den Hochschulen.
Wir wollen Abhängigkeiten der Forschung, insbesondere von der Rüstungsindustrie, offenlegen und
abbauen. Der Einfluss der industriellen Auftragsforschung muss streng kontrolliert werden. Den
Universitäten muss durch Erhöhung der Sockelbeträge die finanzielle Unabhängigkeit zurückgegeben
werden. Mit staatlichen Forschungsgeldern sollen umweltschonende Technologien gefördert werden.
Dazu gehört auch die Förderung wirtschaftswissenschaftlicher Modelle, die den Wert der natürlichen
Ressourcen in ihren Rechnungen berücksichtigen.
Die Forschung an menschlichen Embryonen und die gentechnische Veränderung menschlicher
Keimbahnzellen sind ethisch nicht zu verantworten und müssen strikt verboten bleiben. Die Patentierung
von Genen des Menschen lehnen wir ab, da sie mit der Menschenwürde unvereinbar ist. Absolut
unzulässig ist die Chimärenbildung, das heißt die Verschmelzung von menschlichen und tierischen Zellen
zur Erschaffung neuer Lebewesen. Auch die gentechnische Manipulation und Patentierung von Tieren
und Pflanzen ist inakzeptabel.
Die Bildung an Universitäten ist nach der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge und des
kompletten Wegfalls der breitgefächerten Diplom- und Magisterstudiengänge einer starken Regulierung
unterworfen, die einer innovativen, kreativen, vielfältigen und umfassenden Forschung im Wege steht.
An den Hochschulen, in der Wissenschaft und Forschung gibt es teilweise immer noch kurze, befristete
Beschäftigungsverhältnisse mit geringer Entlohnung und hohem Arbeitspensum ohne Perspektive einer
Weiterbeschäftigung.
Viele gute wissenschaftliche Mitarbeiter wandern ins Ausland ab oder müssen notgedrungen irgendeine
andere Tätigkeit ausführen, um zu überleben, da es unter anderem nicht genügend Stellen in der
mittleren Ebene (wissenschaftliche Mitarbeiterstellen, die teilweise auch unbefristete Lebenszeitstellen
sind) gibt. Darunter leidet nicht nur die Forschung, sondern auch die Lehre.
Die ÖDP fordert:
Das Erststudium muss von Studiengebühren befreit bleiben. Nur so ist gewährleistet, dass auch
finanziell Schwächere ein Studium aufnehmen können.
Erhöhung der Studienplätze bei Medizinern und Lehrkräften.
Für alle Studierenden müssen Veranstaltungen zu ethischen und ökologischen Themen verpflichtend
sein.
Entschulung der bei der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge verschulten Studienpläne
an den Universitäten, um den Studierenden eine breite Bildung zu ermöglichen.
Gleichrangige finanzielle Förderung sowohl der technischen, naturwissenschaftlichen und
medizinischen Fächer als auch der Kultur-, Geschichts- und Geisteswissenschaften. Dies gilt im
Bereich Musik, Kunst, Theater und Film auch für die Hochschulen.
Landespolitisches Programm der ÖDP Baden-Württemberg Seite 13